Unterwegs im Hellental
Klaus A.E. Weber
Das Hellental [1] ist eine historisch gewachsene Kulturlandschaft und eine bedeutende geologische Grabenstruktur mit besonderer Hydrogeologie, für die sich folgende Bezeichnungen finden lassen:
-
Biotop - Biologische Vielfalt auf kleinstem Raum
-
Wiesental / Grünlandtal
- Graslandpfad - Einzigartiger Natur- & Kulturerlebnispfad
- Altes Tal der Glasmacher - 550 Jahre Waldglashhütten im Hellental
Naturraum
Das Hellental - mit Merxhausen ehemals zum Amt Fürstenberg zählend - liegt als typisches Solling- bzw. Mittelgebirgstal im Landschaftsschutzgebiet Naturpark Solling-Vogler.
1990 wurde es in seinem südwestlichen Abschnitt als Naturschutzgebiet ausgewiesen.
© HGV-HHM, Foto: Klaus A.E. Weber
Das extensiv bewirtschaftete Sollingtal ist mit Einzelbäumen, Weidezäunen, Relikten kulturhistorisch bedeutender Wiesenbewässerungsanlagen und dem teils noch naturnah mäandrierenden Helle-Bach ein eher kleinteilig strukturiertes, landschaftlich reizvolles und von harter menschlicher Arbeit geprägtes Grünlandtal, eines der schönsten Wiesentäler des Sollings.
Der tief in das Buntsandsteingewölbe des Sollings eingeschnittene, vom Wasser ausgewaschene „Hellentaler Graben” ist ein tertiäres Zeugnis des Erdmittelalters.
Als Ausläufer des „Derental-Merxhausener-Grabens“ verläuft er über ca. 6 km fast geradlinig in südwestlich-nordöstlicher Richtung.
Eng benachbart sind unterschiedliche geologische Formationen anzutreffen, wie Mittlerer Buntsandstein, Unterer Muschelkalk und Fließerden.
Bachschwinden und Erdfälle zeichnen das Sollingtal auch als typisches Karstgebiet aus.
Einige wenige der ehemals zahlreichen Erdfälle (Einsturztrichter) sind noch heute zu erkennen.
Das die Landschaft des Hellentals prägende Fließgewässer ist die teilweise noch naturraumtypische Helle.
Einem Quellgebiet im Solling-Hochmoor Mecklenbruch entspringend, durchfließt sie als klarer, schnell fließender Mittelgebirgsbach das lange Tal, teils oberirdisch, teils über Bachschwinden unsichtbar in unterirdischen Karstwasserleitern.
Abhängig vom Niederschlag wird die Helle auch von zahlreichen Hangquellen gespeist („Tal der 200 Quellen“).
Im Hellental konnte eine beachtliche Biodiversität von Gefäßpflanzen, Moosen, Flechten und Pilzen nachgewiesen werden.
Besonders seltene oder lokal interessante Arten unterstreichen dessen hervorgehobene Bedeutung für den Pflanzen- und Tierartenschutz.
-
Markante Einzel- und Schattbäume
-
Sträucher
-
Hecken
-
Streuobstwiesen
- vereinzelt noch erhaltene Ackerterassen
runden das typische kulturhistorische Landschaftsbild eines kleinbäuerlich extensiv genutzten Grünlandtals harmonisch ab.
© HGV-HHM, Foto: Klaus A.E. Weber
Wiesental und Naturschutzgebiet
Die Entstehung wie das heutige Erscheinungsbild des aufgelockerten Lebensraumes, mit seinem Nebeneinander von Wiesen, Weiden, Gebüschen, Einzelbäumen und Wäldern, wurde vom Menschen und seinem wirtschaftlichen Wirken bis heute nachhaltig bestimmt.
Das Hellental ist mit dominierender Höhenlage zwischen etwa 300-400 m üNN ein innerhalb einer reizvollen, waldreichen Landschaft in einem der schönsten Wiesentäler des Unteren Sollings gelegenes, lang gestrecktes muldenförmiges Tal.
Dabei ist das Hellental fast vollständig von Wäldern umgeben.
Buchenwälder reichen bis an das Bergdorf Hellental heran.
Einst charakterisierte die offene Landschaftsform das Bild des moderat ansteigenden Sollingtals, wo von den Höhenzügen kommende Bäche zu Tal fließen und langgestreckte Wiesen an die Stelle der Wälder treten.[2]
Das heutige, etwa 6,5 km lange, 1990 unter Naturschutz gestellte Hellental ist ein von menschlicher Arbeit und vom Wirtschaften geprägter Lebens- und Kulturraum, ein als typisches Grünlandtal tief in den nördlichen Hochsolling eingeschnittenes Wiesental mit der Schutzkategorie „Naturschutzgebiet”.
Das Hellental liegt im 536 km² umfassenden „Naturpark Solling-Vogler”, einem Landschaftsschutzgebiet.
Die südwestlich das obere Hellental flankierenden Höhenzüge steigen auf etwa 520 m üNN an, im unteren, nordöstlichen Hellental auf etwa 420 m üNN.
Das kleinräumig gegliederte, überwiegend schwach bis mäßig geneigte, extensiv genutzte Grünland des Hellentals - als großem noch landwirtschaftlich genutztem Wiesental des Sollings - sowie der über größere Strecken naturnahe Bachverlauf der Helle stellen einen besonders erlebniswirksamen Raumtyp dar, mit hervorragend ausgeprägter Eigenart, aber auch mit ausgeprägter Vielfalt und Naturwirkung.
Es sind dies die anerkannten Voraussetzungen für ein besonders günstiges Landschaftserleben.
Hellental ist mit seiner Umgebung ein ideales Wandergebiet in moderater Mittelgebirgslage.
Neben offenen Grünlandflächen wird sein Landschaftsbild auch von markanten Einzelbäumen und anderen Gehölzen geprägt.
Das Hellental war etwa bis zum Ende der 1950er Jahre ein reines, offenes Wiesental, das überwiegend zur Heuwerbung gemäht wurde.
Der waldbedeckte Berg- und Hügellandsaum des Hellentals beheimatet noch heute Habitate mit Biotoptypen von hoher bis sehr hoher Bedeutung für den Schutz von Arten und Lebensgemeinschaften, wie Laubwald mit überwiegend standortheimischer Zusammensetzung der Baumarten.
Das Hellental charakterisieren darüber hinaus Quellen, Hangquellmoore, im Talgrund das Fließgewässer Helle, Niedermoorflächen, Borstgrasrasen im südlichen Hellental, Bergwiesenfragmente, Wirtschafts-, Feucht- und Nassgrünland.
Vegetationskundlich bestehen, neben Pflanzengesellschaften extensiv genutzter, blütenreicher Fettweiden im mittleren Hellental, auch kleinflächige Pflanzenmosaike aus nährstoffreichen Feuchtwiesengesellschaften und Kleinseggensümpfen.
Historischer Grenzraum
Die Grabenstruktur des Hellentals ist beispielhaft dafür, wie im südniedersächsischen Bergland naturräumliche Kammerungen die Linienführung von Grenzverläufen seit dem Frühmittelalter beeinflussten.
Im Spätmittelalter folgten dem „Hellentaler Graben“ Territorialgrenzen (Diözesan-, Ämter-, Forst- und Landesgrenzen) zwischen dem
-
Fürstentum Braunschweig-Wolfenbüttel
-
Hochstift Hildesheim
- Fürstentum Calenberg, später Kurfürstentum/Königreich Hannover - ab 1866 Königreich Preußen.
Noch heute sind landesherrschaftliche Zeichen des historischen Grenzverlaufes entlang der Helle – daher im Dorf „Die Grenze“ genannt - bis zu ihren Quellgebieten vorhanden.
Entlang des Bachbettes stehen zahlreiche, um 1901 gesetzte Landesgrenzsteine mit einfach gehaltenen Territorialinitialen (B = Herzogtum Braunschweig / P = Königreich Preußen).
Historische Kulturlandschaft
Die freie und edle „heiße Kunst” der manuellen Glasherstellung gab es früher auch in der wald- und wasserreichen Umgebung des Hellentals - dem "Alten Tal der Glasmacher".
Hier bestehen archäologische Spuren mehrerer Waldglashütten, die während drei Produktionsphasen vom späten 12. Jahrhundert bis zur ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts von zugewanderten Glasmacherfamilien errichtet und betrieben wurden.
Auch haben einst im Hellental zahlreiche Kohlenmeiler mit Köhlerhütten gestanden.
Ehemalige Standorte des Holzkohle produzierenden Köhlergewerbes der "schwarzen Gesellen" können in Form eingeebneter Wiesenflächen im gesamten Talverlauf ausgemacht werden.
Die noch vielfach in und um Hellental vorhandenen, teilweise wiederhergestellten Trockenmauern aus ortsständigem Buntsandstein sind ein weiteres der besonderen Elemente der historischen Kulturlandschaft des nordöstlichen Sollings.
Die geländemorphologisch an den östlichen Wiesenhängen imponierenden Spuren linienförmiger Zuleitungsgräben eines früheren Wiesenbewässerungssystems – zum regulären „Fleuen” (Schwemmen) der wasser- und nährstoffarmen Hangwiesen – sind ein gewässerhistorisch wie kulturlandschaftlich bedeutsames Flächenrelikt in Südniedersachsen.
Solling-Vogler-Region im Weserbergland
Das Hellental - Verbindung von Vielfalt, Eigenart, Schönheit, Erholung und Kultur
Entdecken Sie in der südniedersächsischen Landschaft des Sollings das Hellental und seine Umgebung mit einer besonderen Natur, Kultur und Historie.
-
֍ Impressionen aus der Luft │ Mai 2017
- ֍ Naturpark Solling-Vogler │ Lebensraum Wiesental / Hellental │ Mai 2015
In Verbindung mit einem kulturhistorischen Dorfrundgang in Hellental und dem Besuch des HISTORISCHEN MUSEUMS HELLENTAL erwarten Sie spannende Orte zur regionalen Geschichte.
Das lang gestreckte, sanft ansteigende, abwechslungsreiche und faszinierende Hellental inmitten des Hochsollings zählt zu den schönsten offenen Wiesentälern im Herzen des schönen Weserberglandes.
Mit einer Steigung von rund 15 % verläuft das Sollingtal von einer zunächst flachen Mulde mit 280 Höhenmetern hinauf bis auf eine Höhe von 350 m.
Das über 38.000 Hektar große Waldgebiet des Sollings wurde flachen Muldeals Waldgebiet des Jahres 2013 ausgezeichnet.
Seine Geschichte und Entwicklung wurde maßgeblich von der vielfältigen Sollingwaldnutzung und deren wechselvollen Geschichte geprägt – vom Mittelalter bis in unsere Zeit des beginnenden 21. Jahrhunderts.
Im geologisch imposanten Hellental
Das Mittelgebirge Solling besteht größtenteils aus relativ gleichmäßig aufgewölbten Schichten aus Buntsandstein.
Dem hingegen im Hellental auch Muschelkalk hervor.
Im dem die Erdneuzeit einläutenden Tertiär brach in der mächtigen weitgespannten ovalen Sedimenttafel aus Mittlerem Buntsandstein des Solling-Gewölbes der langgesteckte Scheitelgraben – Meinbrexen │ Derental │ Neuhaus │ Silberborn │ Hellental │ Merxhausen - bei einer tektonischen Anhebung ein.
Im Hellental ist noch heute stellenweise gut erkennbar, dass geologisch jenen mit als Grabenfüllung eingebrochenen, das Buntsandsteingewölbe zuvor flächenhaft bedeckenden triassischen Muschelkalküberlagerungen und tertiären Ablagerungen von der nachfolgenden jungtertiären Verwitterung und Abtragung weitgehend verschont blieben.
Dabei verdeutlicht die muldenförmig in den umgebenden Mittleren Buntsandstein eingebrochene Grabenfüllung aus Unterem Muschelkalk (Wellenkalk), dass der Grabenbruch noch vor einer vollständigen Abtragung des Muschelkalkes erfolgte und somit das Hellental kein selbstgeschaffenes Tal des noch heute durchfließenden, prägenden Helle-Baches sein kann.
Im Hellental imponieren vornehmlich am Südwesthang noch ausgeprägte Reste des Unteren Muschelkalks mit steilhängigen Muschelkalkböden.
Unterhalb des geografisch im Hochsolling kaum wahrnehmbaren Großen Ahrensberges (525 m), der höchsten Erhebung im Landkreis Holzminden, liegt am Südwesthang eine etwa 1,1 km große, langgestreckte Muschelkalkbank, welche als Muschelkalk-Aufschluss imponiert und zugleich als Sporn ausgeformt ist, etwa 3,2 km vom Dorf Hellental entfernt.
Die Lönsbuche bei Hellental
© [hmh, Foto: Klaus A.E. Weber
LebensRaumRoute (LRR) Wiesental │ Hellental
Um durch eines der schönstens Wiesentäler im Naturparks Solling-Vogler in der Solling-Vogler-Region (SVR) im Weserbergland zu wandern, können Sie zwei unterschiedliche Routen wählen.
-
Kleiner Rundweg │ ֍ 3D-Flug SVR
- Großer Rundweg │ ֍ 3D-Flug SVR
Der kleine und gro0e Rundweg führt entlang des Grenzbaches Helle durch sanft hügeliges Grünland und Waldgebiet bis zu den Silberborner Bergwiesen am Naturschutzgebiet Mecklenbruch wandern (LRR Hochmoor).
Spuren der kulturgeschichtlichen Entwicklung des Tales können reichlich entdecken werden.
So gibt es Standorte ehemaliger mittelalterlicher und frühneuzeitlicher Waldglashütten und Fleuegräben, die sich gut erkennbar durch die östlich gelegenen Wiesenhänge ziehen.
Historische Grenzsteine erinnern an die ehemals braunschweigisch-hannoversch-preußische Grenzlage.
Aus einem Mosaik aus Wiesen und Weiden bestehend ist das Grünlandtal ein wertvoller Lebensraum für viele Pflanzen- und Tierarten des Sollings.
© [hmh, Foto: Klaus A.E. Weber
Weserbergland-Weg "XW"
Der insgesamt 225 Kilometer lange Weserbergland-Weg "XW" mit 13 Etappen trägt das Siegel "Qualitätsweg" nach den Kriterien des Deutschen Wanderverbandes.
Der zertifizierte Qualitätswanderweg ist in regelmäßigem Abstand mit einem gut sichtbaren grün-blauen Routenlogo ("XW") markiert.
© [hmh, Fotos: Klaus A.E. Weber
Die vorgeschlagene 6. Etappe führt vom Hochsolling mit dem Moorgebiet Mecklenbruch durch das Hellental zu dem gleichnamigen Sollingbergdorf, einstiger Glasmacherort und späteres Landhandwerker- und Waldarbeiterdorf.
Über die spätmittelalterlichen Bauerndörfer Merxhausen und Heinade führt der XW-Wanderweg zum imposanten Holzberg am nördlichen Sollingvorland.
© [hmh, Fotos: Klaus A.E. Weber
________________________________________________________
[1] LGLN: Landesamt für Geoinformation und Landesvermessung Niedersachsen │ GeobasisdatenViewer Niedersachsen.
[2] NHB 2929, S. 82.