Hellental - Wiesental im Solling

Klaus A.E. Weber

 

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© HGV-HHM, Foto: Klaus A.E. Weber

 

Das Hellental [1] ist eine historisch gewachsene Kulturlandschaft und eine bedeutende geologische Grabenstruktur mit besonderer Hydrogeologie, für die sich folgende Bezeichnungen finden lassen:

  • ֍ Hellental im Naturpark Solling-Vogler │ Lebensraum Wiesental │ Mai 2015

  • Biotop - Biologische Vielfalt auf kleinstem Raum

 

Naturraum

Das Hellental - mit Merxhausen ehemals zum Amt Fürstenberg zählend - liegt als typisches Solling- bzw. Mittelgebirgstal im Landschaftsschutzgebiet Naturpark Solling-Vogler.

1990 wurde es in seinem südwestlichen Abschnitt als Naturschutzgebiet ausgewiesen.

 

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Das extensiv bewirtschaftete Sollingtal ist mit Einzelbäumen, Weidezäunen, Relikten kulturhistorisch bedeutender Wiesenbewässerungsanlagen und dem teils noch naturnah mäandrierenden Helle-Bach ein eher kleinteilig strukturiertes, landschaftlich reizvolles und von harter menschlicher Arbeit geprägtes Grünlandtal, eines der schönsten Wiesentäler des Sollings.

Der tief in das Buntsandsteingewölbe des Sollings eingeschnittene, vom Wasser ausgewaschene „Hellentaler Graben” ist ein tertiäres Zeugnis des Erdmittelalters.

Als Ausläufer des „Derental-Merxhausener-Grabens“ verläuft er über ca. 6 km fast geradlinig in südwestlich-nordöstlicher Richtung.

Eng benachbart sind unterschiedliche geologische Formationen anzutreffen, wie Mittlerer Buntsandstein, Unterer Muschelkalk und Fließerden.

Bachschwinden und Erdfälle zeichnen das Sollingtal auch als typisches Karstgebiet aus.

Einige wenige der ehemals zahlreichen Erdfälle (Einsturztrichter) sind noch heute zu erkennen.

Das die Landschaft des Hellentals prägende Fließgewässer ist die teilweise noch naturraumtypische Helle.

Einem Quellgebiet im Solling-Hochmoor Mecklenbruch entspringend, durchfließt sie als klarer, schnell fließender Mittelgebirgsbach das lange Tal, teils oberirdisch, teils über Bachschwinden unsichtbar in unterirdischen Karstwasserleitern.

Abhängig vom Niederschlag wird die Helle auch von zahlreichen Hangquellen gespeist („Tal der 200 Quellen“).

Im Hellental konnte eine beachtliche Biodiversität von Gefäßpflanzen, Moosen, Flechten und Pilzen nachgewiesen werden.

Besonders seltene oder lokal interessante Arten unterstreichen dessen hervorgehobene Bedeutung für den Pflanzen- und Tierartenschutz.

  • Markante Einzel- und Schattbäume

  • Sträucher

  • Hecken

  • Streuobstwiesen

  • vereinzelt noch erhaltene Ackerterassen

runden das typische kulturhistorische Landschaftsbild eines kleinbäuerlich extensiv genutzten Grünlandtals harmonisch ab.

 

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Wiesental und Naturschutzgebiet

Die Entstehung wie das heutige Erscheinungsbild des aufgelockerten Lebensraumes, mit seinem Nebeneinander von Wiesen, Weiden, Gebüschen, Einzelbäumen und Wäldern, wurde vom Menschen und seinem wirtschaftlichen Wirken bis heute nachhaltig bestimmt.

Das Hellental ist mit dominierender Höhenlage zwischen etwa 300-400 m üNN ein innerhalb einer reizvollen, waldreichen Landschaft in einem der schönsten Wiesentäler des Unteren Sollings gelegenes, lang gestrecktes muldenförmiges Tal.

Dabei ist das Hellental fast vollständig von Wäldern umgeben.

Buchenwälder reichen bis an das Bergdorf Hellental heran.

Einst charakterisierte die offene Landschaftsform das Bild des moderat ansteigenden Sollingtals, wo von den Höhenzügen kommende Bäche zu Tal fließen und langgestreckte Wiesen an die Stelle der Wälder treten.[2]

Das heutige, etwa 6,5 km lange, 1990 unter Naturschutz gestellte Hellental ist ein von menschlicher Arbeit und vom Wirtschaften geprägter Lebens- und Kulturraum, ein als typisches Grünlandtal tief in den nördlichen Hochsolling eingeschnittenes Wiesental mit der Schutzkategorie „Naturschutzgebiet”.

Das Hellental liegt im 536 km² umfassenden „Naturpark Solling-Vogler”, einem Landschaftsschutzgebiet.

Die südwestlich das obere Hellental flankierenden Höhenzüge steigen auf etwa 520 m üNN an, im unteren, nordöstlichen Hellental auf etwa 420 m üNN.

Das kleinräumig gegliederte, überwiegend schwach bis mäßig geneigte, extensiv genutzte Grünland des Hellentals - als großem noch landwirtschaftlich genutztem Wiesental des Sollings - sowie der über größere Strecken naturnahe Bachverlauf der Helle stellen einen besonders erlebniswirksamen Raumtyp dar, mit hervorragend ausgeprägter Eigenart, aber auch mit ausgeprägter Vielfalt und Naturwirkung.

Es sind dies die anerkannten Voraussetzungen für ein besonders günstiges Landschaftserleben.

Hellental ist mit seiner Umgebung ein ideales Wandergebiet in moderater Mittelgebirgslage.

Neben offenen Grünlandflächen wird sein Landschaftsbild auch von markanten Einzelbäumen und anderen Gehölzen geprägt.

Das Hellental war etwa bis zum Ende der 1950er Jahre ein reines, offenes Wiesental, das überwiegend zur Heuwerbung gemäht wurde.

Der waldbedeckte Berg- und Hügellandsaum des Hellentals beheimatet noch heute Habitate mit Biotoptypen von hoher bis sehr hoher Bedeutung für den Schutz von Arten und Lebensgemeinschaften, wie Laubwald mit überwiegend standortheimischer Zusammensetzung der Baumarten.

Das Hellental charakterisieren darüber hinaus Quellen, Hangquellmoore, im Talgrund das Fließgewässer Helle, Niedermoorflächen, Borstgrasrasen im südlichen Hellental, Bergwiesenfragmente, Wirtschafts-, Feucht- und Nassgrünland.

Vegetationskundlich bestehen, neben Pflanzengesellschaften extensiv genutzter, blütenreicher Fettweiden im mittleren Hellental, auch kleinflächige Pflanzenmosaike aus nährstoffreichen Feuchtwiesengesellschaften und Kleinseggensümpfen.

 

Historischer Grenzraum

Die Grabenstruktur des Hellentals ist beispielhaft dafür, wie im südniedersächsischen Bergland naturräumliche Kammerungen die Linienführung von Grenzverläufen seit dem Frühmittelalter beeinflussten.

Im Spätmittelalter folgten dem „Hellentaler Graben“ Territorialgrenzen (Diözesan-, Ämter-, Forst- und Landesgrenzen) zwischen dem

  • Fürstentum Braunschweig-Wolfenbüttel

  • Hochstift Hildesheim

  • Fürstentum Calenberg, später Kurfürstentum/Königreich Hannover - ab 1866 Königreich Preußen.

Noch heute sind landesherrschaftliche Zeichen des historischen Grenzverlaufes entlang der Helle – daher im Dorf „Die Grenze“ genannt - bis zu ihren Quellgebieten vorhanden.

Entlang des Bachbettes stehen zahlreiche, um 1901 gesetzte Landesgrenzsteine mit einfach gehaltenen Territorialinitialen (B = Herzogtum Braunschweig / P = Königreich Preußen).

 

Historische Kulturlandschaft

Die freie und edle „heiße Kunst” der manuellen Glasherstellung gab es früher auch in der wald- und wasserreichen Umgebung des Hellentals - dem "Alten Tal der Glasmacher".

Hier bestehen archäologische Spuren mehrerer Waldglashütten, die während drei Produktionsphasen vom späten 12. Jahrhundert bis zur ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts von zugewanderten Glasmacherfamilien errichtet und betrieben wurden.

Auch haben einst im Hellental zahlreiche Kohlenmeiler mit Köhlerhütten gestanden.

Ehemalige Standorte des Holzkohle produzierenden Köhlergewerbes der "schwarzen Gesellen" können in Form eingeebneter Wiesenflächen im gesamten Talverlauf ausgemacht werden.

Die noch vielfach in und um Hellental vorhandenen, teilweise wiederhergestellten Trockenmauern aus ortsständigem Buntsandstein sind ein weiteres der besonderen Elemente der historischen Kulturlandschaft des nordöstlichen Sollings.

Die geländemorphologisch an den östlichen Wiesenhängen imponierenden Spuren linienförmiger Zuleitungsgräben eines früheren Wiesenbewässerungssystems – zum regulären „Fleuen” (Schwemmen) der wasser- und nährstoffarmen Hangwiesen – sind ein gewässerhistorisch wie kulturlandschaftlich bedeutsames Flächenrelikt in Südniedersachsen.

 

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[1] LGLN: Landesamt für Geoinformation und Landesvermessung Niedersachsen │ GeobasisdatenViewer Niedersachsen.

[2] NHB 2929, S. 82.