Heiratsgüter und Ehekontrakte um 1800

Klaus A.E. Weber

 

Über die bei einer Eheschließung (Heirat) eingebrachten Güter, Geldmittel und Naturalien - über die „Heiratsgüter“ - wurde seit dem Mittelalter eine vertragliche, schriftliche Regelung (Ehekontrakt) getroffen in Form eines Ehevertrages bzw. einer Eheberedung.

1620 war durch Herzog Friedrich Ulrich von Braunschweig-Lüneburg (1591-1634) verordnet worden, dass alle Eheverträge vor einem Gericht, "vor unseren Beamten", zu schließen seien.

Diese Kontrakte wurden allmählich zum Regelfall und insbesondere „in den Leibzuchtsfragen der abtretenden älteren Generation immer ausgefeilter und kleinlicher“.[1]

Der aus mehreren Paragrafen bestehende Ehevertrag wurde in Gegenwart von Zeugen im "Herzoglichen Amte" schriftlich formuliert, beurkundet und hinterlegt - in diesem Zusammenhang auch häufig Erbfolgeverträge.

 

Heiratsgüter einer Braut um 1788-1802

Bei der Ehestiftung eingebrachter Brautschatz zur „Erleichterung der ehelichen Lasten“

Zusammenfassung aus beurkundeten Ehekontrakten

  • 50 Thaler „baaren Geldes“ und Naturalaussteuer:

  • Kuh

  • Kleiderschrank

  • bereitetes Bett nebst Bettgestell

  • Bücketubben“ (Waschfass)

  • Speiseschrank

  • eiserne Töpfe

  • feinen Topf

  • Koffer / „Tannen Koffer

  • Eimer

  • Braukessel / „Braukeßel

  • Messingkessel

  • Kaffee-Kessel

  • neue eiserne Pfanne

  • Butterfass

  • Haspel und Spinnrad

  • Stühle

  • Ehrenkleid

 

Ehe- und Erbfolgeverträge

Überlassenen Unterlagen sind drei unterschiedlich beurkundete Ehe- und Erbfolgeverträge aus Hellental aus den Jahren 1788-1802 zu entnehmen [2], die im "Amte Allersheim" und später im "Amte Stadtoldendorf" beurkundet wurden.

Hierbei sind die detaillierten Angaben über die persönlichen Besitz- und Hausratsverhältnisse („Heiratsgüter“) zur Wende des 18./19. Jahrhunderts regional- und sozialhistorisch besonders bemerkenswert.

 

Dezember 1788

Nach einer amtlichen Urkunde haben der Holzhauer Johann Christian Greinert (* 1749 /err./, † 18. Mai 1807), erster Sohn des am 06. November 1724 in Grünenplan geborenen und am 11. Mai 1786 in Hellental verstorbenen Jost David Greinert und dessen Ehefrau Anna Maria Voß († vor 1788), und Conradine Sabine Gerke (* 1761 /err./, † 05. September 1827) am 18. Dezember 1788 im Amt Allersheim die folgenden vertraglichen Vereinbarungen sowohl zur Ehe als auch zur Erbfolge getroffen, bevor sie vier Wochen später am 22. Januar 1789 in Heinade geheiratet haben:

"Kund und zu wissen sey hiemit, daß von hiesigen Fürstlichen Amte unter heut gesetzten dato zwischen den Holzhauer Christian Greinert, des verstorbenen Anbauers und Holzhauers David Greinert in Hellenthal hinterlassenen ehelichen Sohne als Bräutigam an einem, und Conradine Sabine Gercke des verstorbenen Häuslings Heinrich Jürgen [?] zu Heinade hinterlassenen ehelichen Tochter als Braut am anderen Theile, in Gegenwart des Bräutigams Schwester Marie Dorothee, des für die beyde nach minorenn Greinertschen Gebrüdern bestellten Vormundes, des Holz[hauers?] Christian Oschmann aus Hellenthal, auch der Braur Stiefvaters Johann Heinrich Brockmann aus [?] nachstehende Parta dotalia errichtet worden:

Der Bräutigam verschreibt seiner Braut die von seinen verstorbenen Eltern hinterlaßenen und von ihm mit Einwilligung seiner Geschwistern angenommenen Anbauer-Stelle in Hellenthal samt dazu gehörigen Garten hinter dem Hause, von dem Bucholze, und von dem Solkampe, die Wiese im Hülsbruche , auch einen im Hause befindlichen Braukeßel, einen feinen Topf, nicht weniger einen der vorhandenen Webthaue, jedoch in dem Maaße, daß er alle da von zu entrichtende Praestanda richtig ablösen, auch alle darauf haftende Schulden ohne Ausnahme berichtige.

Im Betracht [?] Schulden und daß zu Ausbauung des erst neu eingerichteten Hauses noch verschiedene Ausgaben zu bestreiten sind, sollen die Geschwister des Bräutigams nachfolgende Abfindung erhalten:

1 tens.

Die an David Schappen in [?] verheiratete Schwester, welche bereits bey Lebzeiten die Eltern größtenteils abgefunden worden, erhält annoch Vier Thaler.

2 tens.

Die gegenwärtige Marie Dorothee Greinert Zwölf Thaler und ein Webthau, auch einen Sponsus einen und denselben einen Thaler zu Bestreitung gemeinschaftlicher versetzten.

Nach beider einlösen und denselben zustellen, dahingegen ihre Forderung wegen 2 versezten Schürzen wegfällt.

Da selbige sich vorgibt, bey anderen nicht [?] sein kann, bleibt ihr bis dahin, daß sie ihre völlige Abfindung erhalten die freie Wohnung im Hause, wenn solche sich richtig betragen, und zu Zänkereien keinen Anlas geben wird.

3 tens.

Die an Hartgen in Stadtoldendorf verheiratete Hanna Greinert erhält außer einen einer zu 3 Rthl. agnohirten Forderung zur Abfindung zwölf Thaler.

4 tens.

Der Bruder Georg Friedrich zwölf Thaler; da solcher aber von der Fürstlichen Braunschweigischen Truppen als Soldat desertiert und sein Erbtheil solchergestalt an Fürstl. Krieges Casse verfallen ist, und nach Abzug [?] welche Sponsus dem Desertierten als solchen vom Uhrlaub einmalen angefordert worden, in dusere den nam dem Vormunde Gehrmann dazu hergeschoßenen 10 gute Gro. 4 Pfen. so vorgeschossen, desgleichen nach Abzug derf an die Schwester Marie Dorothee schuldigen 24 Mgl., nicht weniger der dem Schuster Serries in Stadtoldendorf für Schuh und Stiefel restierenden nach [?] Schuld, der Ueberschuß bey Vermeidung doppelte Zahlung ans Amt geliefert werden.

5 tens.

wird auch die Abfindung des jüngsten Bruders Johann Christoph auf zwölf Thaler bestimmt.

Vorgedachte Ablage Gelder womit die Geschwister des Bräutigams von sämtlichen Grundstücken und [?] ihren Eltern abgefunden werden sol Sponsus in jährlichen Terminen zu drei Thaler alternatim, den ersten gleich bey der Verheiratung , den anderen Termin um Michaelis [29. September] und so weiter bis zur Tilgung jedes Mal einen Terminum Michaelis abführen.

Die Braut bringt ihren Bräutigam indotem zu die an baaren Gelde und Geldes [?] sich erworbenen Dreißig Reichsthaler und mit diesen alles das Ihrige was sie als ihr wolerworbenes Eigenthum zu bekräftigen vermag.

Nach geschehene Copulation ist einem der angehenden Eheleute des anderen völligen Erbe.

Wie nun gegen den Inhalt anstehende Ehestiftung nichts bedenkliches weiter zu erinnern war, ist solche [?] confirmiert worden.

Urkundlich des hieunten gedeukten Amts In Siegels und und nachstehender Unterschrift. Allersheim den 18 ten December 1788

Fürstlich Brsch. Lünebsch. Amt hieselbst"

[Unterschrift]

 

Mai 1802

In einer amtsgerichtlichen Urkunde haben Johann Friedrich Eikenberg (* um 1763) und Johanne Louise Eikenberg (* um 1778) am 06. Mai 1802 im Herzoglichen Amt Stadtoldendorf folgende Regelungen miteinander freiwillig und mit Zustimmung der Eltern vertraglich vereinbart:

"Geschehen im Herzoglichen Amte Stadtoldendorf am 6ten May 1802.

In Gegenwart meiner, des Amtsassessors Hellmuth.

Auf vorgängige Anmeldung erschienen freiwillig:

1) der verwittwete Holzhauer Johann Friedrich Eikenberg, als Bräutigam, 39 Jahre alt,

2) die unverehelichte Johanne Louise Eikenberg, 24 Jahre alt, als Braut,

3) des Bräutigams Vater, der Leibzüchter Karl Eikenberg,

4) der Braut Mutter, Wittwe weiland Brinksitzers und …

5) der Braut Bruder… und … Eikenberg, 31 Jahre alt,

sämtliche aus Hellenthal und trugen folgenden Ehe- und Erbfolgevertrag zur amtlichen Bestätigung vor:

§ 1.

Sie, der Wittwer Johann Friedrich Eikenberg und unverehelichte Johanne Louise Eikenberg hätten sich mit Einwilligung ihrer mitgegenwärtigen Eltern mit einander verlobt, und wollten ihre Ehe durch priesterliche Einsegnung demnächst vollziehen.

§ 2.

Was die zeitlichen Güter anbetreffen, so wollte er, der Bräutigam, seiner lieben Braut zum lebenslänglichen Gebrauche und Miteigenthum hiermit verschreiben, sein laut hiebei vorgezeigter Ehestiftung vom 20ten November vorigen Jahres, von seinem mitgegenwärtigen Vater ihm abgetretenes hub Nr. Ashecurationis 9 zu Hellenthal belegenes Brinksitzerhaus nebst Stallung und dahinter befindlichen Garten, so wie einen, an der Kuppel belegenen ½ Waldmorgen großen Garten und einen Garten, ¾ Waldmorgen groß am Hellenthaler Berge belegen, ferner eine einen Waldmorgen große, im Hülsebruche belegene Wiese und die Hälfte der in der Mackensener Feldmarkt belegenen zwei Morgen großen Wiese, unter der Bedingung jedoch, dass seine Braut und künftige Ehefrau die Erfüllung derjenigen Lasten mit übernehme, welche sein mitgegenwärtiger Vater laut oben angegangener Ehestiftung auf solche Grundstücke gelegt hat.

Der Braut Johanne Louise Eikenberg wurden sodann solche lasten durch wörtliches Vorlesen jener Ehestiftung eröffnet und verständigt, worauf dieselbe die ihr von Seiten ihres Bräutigams, geschehene Zufreiung bestens acceptirte unter dem ausdrücklichen Versprechen, die auf die ihr zugefreiten Grundstücke gelegenen Lasten hiemit übernehme und getreulich erfüllen zu wollen.

§ 3.

Die Braut, Johanne Louise Eikenberg verschreibt dagegen ihrem Bräutigam als Brautschatz und zur Erleichterung der ehelichen Lasten:

1, die Summe von fünfzig Thalern baaren Geldes,

2, eine Naturalaussteuer, bestehend aus einer Kuh, einem bereiteten Bette nebst Sponde, einem Speiseschranke, einem Kleiderschrank, einem Koffer, einem Bücketubben, einem Braukessel, zwei eisernen Töpfen, einer neuen eisernen Pfanne, zwei Eimern, einem Butterfasse, einem Kaffee-Kessel, einem Haspel und Spinnrade, zwei Stühlen und einem Ehrenkleide, damit ihr künftiger Ehemann solche Sachen durante matrimomie nach Dotal-Rechte genießen und gebrauchen möge, und bemerkt hiebei, dass ihr mitgegenwärtiger Bruder laut Gehalts dessen Ehestiftung vom 27sten Junius verpflichtet sei, ihr solchen Brautschatz am Tage der Hochzeit als Abfindung von ihrer hub Nr. ashecurantionis 43 zu Hellenthal belegenen väterlichen Brinksitzerstelle zu verabreichen, welchen Vortrag der Braut, der mitgegenwärtigen Brinksitzer Karl Eikenberg als richtig anerkannte, worauf …"

 

November 1802

Vermutlich der am 10. Mai 1765 in Hellental geborene Christian Friedrich Greinert, genannt junior († 11. Juni 1835), Sohn des Holzhauers Johann Friedrich Wilhelm Greinert (* 16. Juli 1730 in Lauenförde, † 27. September 1804 in Hellental) und dessen Ehefrau Catharina Sophia Charlotte Greinert, geb. Schoppe (* 1768 /err./, † 25. November 1832) schlossen zehn Jahre nach ihrer Heirat (22. November 1792 in Hellental) am 04. November 1802 ihren Ehe- und Erbfolgevertrag im Amt Allersheim.

Dabei legten beide im Beisein des Bruders Johann Leopold Greinert (* 16. Februar 1769, † 10. Dezember 1829) das Folgende verbindlich fest:

Zu Wissen sei hiemit, daß dato zwischen den bereits verehelichten Holzhauer Johann Christian Greinert in Hellenthal und dessen Ehefrauen Catharina Greinert geb. Schoppen, in Beysein des erstgenannten Greinerts Vaters Namens Friedrich Wilhelm Greinert, auch dessen jüngsten Sohns Johann Leopold Greinert nachstehende Ehestiftung verabredet und geschlossen worden.

Die Neonupte verschriebt ihrem Ehemanne das jenige prodote, was sie demselben bereits bey der Hochzeit zugebracht hat und welches nach Angabe der Neuverehelichten in folgenden besteht als Fünf Rtl. an baaren Gelde.

Eine Kuh und den nötigen Hausgeräthe.

Der neue Ehemann verschreibt zum Gegenvermächtnisse die ihm von seinem mitgegenwärtigen Vater acto redierte in Hellenthal befindliche Brinksitzzerstelle nebst den dabey befindlichen beiden Wiesen, Gärten und sonstigen Zubehör, um solches alles mit ihm gemeinschaftlich zu nuzzen und zu gebrauchen auch auf seinen frühern Todesfall anderweitverheyrathen zu können.

Der [?] legt den jungen Hauswirthe zur Pflicht, ihm statt der zu restrierenden Leibzucht seinen Unterhalt und Verpflegung bis an sein Ende zu verabreichen, und außerdem seinen einzigen mitgegenwärtigen Sohne an Ablage die Summe von insgesamt 60 Rth. zu bezahlen und solche zur Hälfte am Tage seiner Verheyratung zu berichtigen.

Die übrige Hälfte aber in jährlichen Terminen jedes mit 10 [?] abzuführen.

Außerdem sollte derselbe noch eine Kuh, Einen Tannen Koffer und Einen messingenen [?] Kessel von den Hauswirthen praestiret erhalten.

Die neuangehemden Eheleute sicherten sich schließlich noch die wechselseitige Erbfolge vertragsweise zu.

Wie nun bey nochmaliger Wiederholung der vorstehenden Ehestiftung deren Inhalt von den Pazisrenten durchgehends [?] und um deren gerichtliche Bestätigung nachgesucht ward, so ist solche satuo … [?] … et [?] damit inhaltlich Urkundlich des Fürstlichen Amtssiegels und beygesetzter Namensunterschrift.

So geschehen Allersheim

den 4. Nov. 1802

F. B: L. A. h."

[Unterschrift]

 

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[1] HENZE 2004, S. 66.

[2] In Fotokopie vorliegend; allerdings nur auszugsweise nachvollziehbar.