Braunschweigischer Ämterstein von 1828

Klaus A.E. Weber

 

Der versteck liegende braunschweigische „Dreiämterstein“

© HGV-HHM, Foto: Klaus A.E. Weber

 

Der Dreiämterstein

Das Fürstentum Calenberg hatte unter Herzog Ernst August von Braunschweig-Calenberg (1629-1698) - in Hannover residierende herzogliche Welfenlinie - im Jahre 1692 die Kurwürde erlangt.

Den Namen Kurfürstentum Braunschweig-Lüneburg führte das Fürstentum nach der Vereinigung mit dem Fürstentum Lüneburg im Jahr 1705.

Da Hannover bereits 1636 unter Herzog Georg von Calenberg (1582-1641) Residenzstadt geworden war, setzte sich schließlich die Bezeichnung Kurfürstentum Hannover durch.

Dessen topographische Landesaufnahme von 1764-1786 dokumentiert auch die damaligen Herrschaftsverhältnisse im oberen Hellentaler Grund.

Hierbei ist erkennbar, dass im „Hellen Thal“, nördlich des Dasselschen Mittelberges mit dem „Wilddiebes Born“, in einem Schnittpunkt dreier Amtsbereiche und herrschaftlicher Territorien - als „Dreiländer-/Ämterecke“ - direkt aneinander grenzten:

  • Amt Allersheim (Herzogtum Braunschweig)

  • Amt Hunnesrück (Hochstift Hildesheim)

  • Amt Uslar (Kurfürstentum Hannover).

Im naturgeschützten oberen Hellentaler Grund steht noch heute am östlichen Ufer der Helle, am Zusammenfluss mit einem kleineren Nebenbach, versteckt in einem kleinen Auwald, ein besonderer Hoheitsgrenzstein: der 1828 gesetzte säulenartige, dreikantige braunschweigische „Dreiämterstein“.

 

Westseite

Nordseite

Ostseite

Braunschweigischer Ämterstein von 1828

© HGV-HHM, Fotos: Klaus A.E. Weber

 

Die Ausrichtung der sorgfältig aus örtlichem Buntsandstein hergestellten Längsseiten des dreikantigen Grenzsteins von 1828 entspricht dem eines gleichseitigen Dreiecks, dessen Eckpunkte nach Norden (360°), Osten (120°) und Westen (240°) weisen.[1]

Die braunschweigische Grenzseite ist dem Bachlauf der Helle zugewandt.

Es bestehen folgende relativ gut erhaltene Territorialinschriften:

 

Westseite:

  • HB = Herzogtum Braunschweig

  • AH = Amt Holzminden

  • 1828 = [Jahr der Steinsetzung]

 

Nordseite:

  • KH = Königreich Hannover

  • AEH = Amt Erichsburg-Hunnesrück

 

Ostseite:

  • KH = Königreich Hannover

  • AU = Amt Uslar

  • Ͷo 42 = [Spiegelung des N]

 

Hierbei ist anzumerken, dass das Amt Hunnesrück einst eine Enklave des Hochstifts Hildesheim im hannoversch-braunschweigischen Gebiet war, ein Restareal des ehemaligen umfangreichen Besitzes der Grafen von Dassel, welche mit beginnendem 12. Jahrhundert „als neues dynastisches Element in Erscheinung“ getreten waren (Dassel, Höhenburg Hunnesrück).

1813 wurde das hildesheimische Amt mit dem welfischen Amt Erichsburg zum Amt Erichsburg-Hunnesrück vereinigt.

Als das Amt Hunnesrück durch Hannover übernommen wurde, verschwand das alte bischöfliche Hochstift als Landesherrschaft aus dem Ilmebecken.

Der Bereich des Amtes Uslar umfasste damals das hannoversche Gebiet des Sollings.

Der im Jahr der Setzung des „Dreiämtersteins“ aufgenommene herzogliche Landesgrenzplan gibt mit dem Flurnameneintrag „Der Glaseplack“ einen kartographischen Hinweis auf die große frühneuzeitliche Waldglashütte „Oberes Hellental“ am „rothen Wasser“, unterhalb der Anhöhe „Der Räuberbrink“ und zwischen den braunschweigischen Hellenthaler und den hannoverschen Mackenser Wiesen gelegen.

Allerdings liegen die noch erhaltenen Ofenhügel der um 1600 mit breitem Produktionsspektrum an renaissancezeitlichen Hohl- und Flachgläsern betriebenen Waldglashütte etwas weiter südlich, unmittelbar in Höhe des „Dreiämtersteins“, lagetypisch in einem ressourcenreichen Grenzraum.

 

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[1] CREYDT/LINNEMANN/WEBER 2007, S. 68 Tab. 3.