Hammerwerke und Eisenhütte
Klaus A.E. Weber │ Rolf Clauditz
Innerhalb des Sollings gibt mehr oder minder große Eisenerzvorkommen in zumeist obertägig zugänglichen sekundären Erzlagerstätten.
Am Nord- bis Nordostrand des Sollings finden sich zahlreiche Relikte (Eisenschlacken) zur Metallverarbeitung, so gehäuft auch im Raum Dassel-Markoldendorf-Merxhausen mit Schmiedeschlacken und Relikten von Verhüttungsöfen.[20]
Stückofen und Eisenhammer
De re metallica libri XII │ Agricola │ 1556 [3]
Schlackereste von einer Luppe entfernen [18]
Ausschmieden einer Luppe unter dem Hammerkopf
Metallurgische Anlagen - mit Wasserkraft betrieben
Hammerhütten im Umfeld von Merxhausen [1][2][20]
Abwärts des Spüligbaches schließen sich beiderseits der Landesgrenze die drei Hammerhütten an.
Die hier gelegenen Merxhäuser Eisenhütten [11] verhütteten [6] in der 2. Hälfte des 16. Jahrhunderts Eisenstein von der Lagerstätte Steinberg bei Markoldendorf - vermutlich mit der Stückofentechnik.
Schlackenfunde bei Lüthorst belegen einen dortigen mittelalterlichen Schmelzplatz in der so genannten Waldschmiedezeit im 11.-14. Jahrhundert (1000-1300 n. Chr.).[10]
Bei Heinade und vor allem bei Merxhausen wurde bereits seit dem Mittelalter, vermutlich ab dem 12./13. Jahrhundert, eine Eisenverhüttung von besonderer wirtschaftlicher Bedeutung im südniedersächsischen, braunschweigschen Gebiet betrieben.[1][3]
Hierbei soll nach dem Ergebnis chemischer Schlackenanalysen vornehmlich Eisenstein vom Steinberg (172 m uNN) bei Markoldendorf verwendet worden sein.[14]
Die Verhüttung der dort im Tagebau gewonnenen eisenreichen Gesteine erfolgte über so genannte Stücköfen.
Beschrieben ist im Sollingvorland bei Markoldendorf eine Eisenstein-Lagerstätte im Unterjura (Lias).[9]
Eine kurzgefasste Übersichtsarbeit zum historischen Eisenhüttenwesen im Solling findet sich bei HILLEGEIST 1974, für die Eisenhütte und Hammerwerke in Merxhausen bei CREYDT 2013.
Rennofen mit oben aufgelegter Luppe (Eisenschwamm)
Standort eines zerschlagenen Rennofens
Freilichtmuseum Hessenpark │ Oktober 2017
© HGV-HHM, Fotos: Klaus A.E. Weber
Stückofenverfahren
In den Wiesen beim alten „Grenzkrug“ fanden sich Verhüttungsschlacken, die dem Rennfeuerverfahren zuzuordnen sind.
Das bedeutet, dass die Eisenverhüttung zwischen den nördlichen Sollingranddörfern Merxhausen und Mackensen eventuell eine jahrhundertelange Tradition aufweisen kann.[14]
In der Frühzeit der Eisenverhüttung wurde das Eisen wahrscheinlich im so genannten Stückofenverfahren gewonnen, eine Verhüttungstechnik, die die Verfügbarkeit von Wasserkraft und Holzkohle voraussetzte:
-
Erz + Holzkohle + Kalk + Sauerstoff
-
→ Stück Eisen 3-10 Zentner
-
→ erkalteter Eisenklotz wird von Schlacke befreit
-
→ 4 Teile Amboss zerlegt
- → in der Esse erneut geschmolzen und weiterverarbeitet in Stabeisen zu Pflügen, Radreifen, Werkzeugen
Der Schmelzpunkt des Eisens liegt bei 1.538 °C.
Um 1 kg Eisen zu gewinnen, wurden rund 3 m³ Holz benötigt.
Verhüttung im Rennofen und Ausschmieden der Luppe [21]
Hammerhütten
Als Ersatz für die "Waldschmieden" entstanden Hammerwerke bereits im 14. Jahrhundert.
Sie dienten als einfache Arbeitsmaschinen zum Schmieden (Eisenhämmer) und insbesondere zur Steigerung der Qualität der Eisenverarbeitung.
Zu bearbeitenden Werkstücke wurden zuvor im Schmiedefeuer erhitzt.
Als technische Voraussetzung für den Betrieb eines Hammerwerkes waren erforderlich
- ein Mühlrad zur Nutzbarmachung der Wasserkraft
- eine Nockenwelle zur Umwandlung der Drehbewegung in eine in eine Hämmerbewegung durch Auf- und Abbewegung des Hammerkopfes.
Nach HILLEGEIST [12] dienten Hammerwerke der Herstellung verschiedenster Profile (Flach- Quadrat-, Rundstäbe), umgeformt aus "gefrischtem Eisen unter mit Wasserkraft angetriebenen Aufwerf- oder Schwanzhämmern".
In Prozessakten werden erstmals Hammerhütten (Eisenhütten) bei Merxhausen erwähnt, die aber bereits 1596 nicht mehr arbeiteten.[14][16]
"Landschaft mit Hammerwerk"
Ausschnitt aus dem Ölgemälde von Martin von Molitor (1759-1812) │ um 1800
Oberes Belvedere │ Museum │ Wien 2018
© HGV-HHM, Foto: Klaus A.E. Weber
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[1] Vortrag „Mittelalterliche Eisenverhüttung am östlichen Solling von 1450 bis 1714“ in Merxhausen von Detlef Creydt am 06. April 2005.
[2] CREYDT 2013.
[3] Agricola, Georgius (1556): De re metallica libri XII. Basel. Faksimiledruck Leipzig 1985, neuntes Buch.
[6] vergl. Verhüttung bei BAYERL 2013, S. 150-152.
[9] HILLEGEIST 1974, S. 5.
[10] HILLEGEIST 1974, S. 22.
[12] HILLEGEIST 1974, S. 34.
[14] CREYDT/LINNEMANN/WEBER 2007.
[16] 2007 Hinweis von Michael Koch, Höxter, der anlässlich seiner sich in Vorbereitung befindenden Dissertation über diesen Prozess gearbeitet hat.
[18] vergl. CREYDT 2013, S. 91 Abb. 5.
[20] STEPHAN 2010, S. 129-130.
[21] Manufactum Historicum - The Ancient Workshop.