Heinade im Spätmittelalter

Klaus A.E. Weber

 

Im Sommer 1972 feierte das „zwischen dem Sollinge und dem Holzberge“ liegende spätmittelalterliche Bauerndorf Heinade, das zeitweilig zur Herrschaft Homburg bzw. zum Amt Wickensen zählte, sein 700-jähriges Bestehen.[2]

Zu Beginn des 20. Jahrhunderts wurde die Heinader Dorfanlage von STEINACKER als „haufenförmig“ charakterisiert.[1].

Nach LAMBRECHT [2] soll Heinade auf eine Gründung der „Sassen“ zurückzuführen sein.

Einst spätmittelalterlich wüst gefallen, soll das Sollingranddorf auch zu den zurzeit von Heinrich dem Jüngeren, Herzog von Braunschweig-Wolfenbüttel (1514-1568), um 1535 (wieder) aufgebauten Dörfern gehören.

Heinade soll erstmals 1272 urkundlich erwähnt worden sein, als die Grafen von Wo(h)ldenberg Land zu "Henade" (auch "Heenade") besaßen.

Um 1600 ist der Dorfname "Heina" (auch "Heyna") gebräuchlich, wie auch die Krabbe’sche Sollingkarte von 1603 ausweist.

Von 1568–1882 war die Gemeinde Heinade „filia“ von Deensen.

 

 

Reste eines mittelalterlichen Laufweges im alten Dorf Heinade

Freigelegt von Raimond Schulze, Stadtoldendorf

 

Nach KLEINAU [10] soll Heinade erstmals 1272 urkundlich erwähnt worden sein, als die Grafen von Wo[h]ldenberg, deren Burgruine sich in der Nähe von Bockenem am Harz befindet, 7 Hufe Land „gandersheimschen Lehens“ zu Henade „resignierten“.

Das bedeutet, dass die Grafen von Wo(h)ldenberg 1272 dem Reichsstift Gandersheim sieben ihnen bis dahin verlehnte Hufen zurückgaben.

Es dürfte sich hierbei um etwa 100-140 Morgen minderwertiges „Rottland“ ("Rottländereye") gehandelt haben, wie es im Wickenser Erbregister bezeichnet wurde.

Das Ackerland gehörte seit langem zum Herrschaftsgebiet des Edlen von der Homburg.[9]

Demnach ist die Gründung von Heinade auf eine bäuerliche Rodungssiedlung zurückzuführen.

Noch 1580 wurden hier alle Ackerflächen als "Rottländerei" bezeichnet.[10]

Nach KNOLL/BODE [3] soll nach der Grenzbeschreibung des Amtes Fürstenberg von 1581 die Grenze dieses Amtes durch das Dorf Heina verlaufen sein.

1580 und 1675 besaß das Kloster Amelungsborn um Heinade einige Morgen Land und Wiesen.[10]

Ab dem 16. Jahrhundert unterstand „Heyna“ bzw. „Heina“ zunächst der landesherrlichen Gerichtsbarkeit des "Ambtes Wickensen" („Oberbörde“), das 1580 und 1756 als Grundherr ausgewiesen ist.[12]

Das Amt Wickensen war seinerzeit das bedeutendste von 6 fürstlichen Ämtern des ehemaligen braunschweigschen „Weser-Districts“.

1548 war der Zehnte (Kornzehnte als damalige „Steuer“) an Heinrich Küchenmeister und seine Frau auf Lebenszeit verliehen [13], nach KLEINAU [10] jedoch an Heinrich Jäger.

1552/55 wurden bei einer ausgeschriebenen Kriegssteuer 4 Gulden pro Soldat erhoben, dabei für Merxhausen 8 Gulden und Heinade 20 Gulden, was den Rückschluss auf eine deutlich höhere wirtschaftliche Leistungsfähigkeit von Heinade erlaubt.[14]

Wie nach RAULS [4] eine „Quittung“ [15] von 1564 ausweist, habe Cort Weydingen, Meister der Bäckergilde in Einbeck, bescheinigt, dass er während der Fastenzeit von Bartold Otten in Heinade, dem Bevollmächtigten derer von Deensen, 4 Pfund Geldes als Darlehn erhalten habe und dafür die Bäckergilde "von nu an to ewygen tyden" der Kirche von Deensen die Oblaten liefern würde.

Seit 1567-1771 und im 19. Jahrhundert war das Heinader Land als herzogliches Lehen der Herrschaft v. Campe übereignet gewesen.[16]

Am Vorabend des Dreißigjährigen Krieges, ab 1614 und später, hatte die Familie von Campe in Deensen – neben den laufenden Frondiensten - den Zehnten als herzogliches Lehen erhalten, der an das nunmehr zuständige Amt Allersheim zu entrichten war.

Zu Beginn des Dreißigjährigen Krieges, im Jahr 1620, erwarb das Kloster Amelungsborn die Dienste für 2.000 Reichstaler von der braunschweigschen Fürstlichen Kammer, verlor sie aber bereits 1629 wieder.[17]

Auf ihren Antrag hin erhielten 1618 die Einwohner von Heinade am Solling 140 Waldmorgen zu je 160 Quadratruthen „Rodeland“ (Rottland – ausgeholztes Waldland) im Farkensiek.

Für jeden Morgen waren 12 Taler in bar zu entrichten und ein jährlicher Erbenzins von 1 Mariengroschen.

Das Rottland wurde von den Dorfbewohnern teilweise in Acker- und Wiesenland, vornehmlich aber zur Hudekämpe durch Rodung umgewandelt.[18]

Es ist nach HAHNE [5] anzunehmen, dass es ehemals in der unmittelbaren Umgebung von Heinade keine nennenswerten Steinbrüche, keinen Gips, Sand oder Ton gab.

An der Braaker Höhe gab es lediglich eine ca. 1 Morgen große Mergelkuhle, allerdings mit schlechtem Mergel.

Lehm zum Bauen wurde in der Feldmark gefunden.

Bruchsteine aus Buntsandstein wurden aus dem nahen Solling geholt und der aus Merxhausen geholte Kalk in Heinade gebrannt.

Gips wurde von Stadtoldendorf beschafft.

Erforderliches Eichenholz wurde im Solling erworben, Tannen- und Lattenholz stammte aus den Wäldern des Harzes.

Durch Heinade führte keine der Hauptheeresstraßen; lediglich ein Kommunikationsweg von Stadtoldendorf durch Heinade nach Merxhausen, wo er auf die alte Einbecker Heerstraße traf.

Vormals führten von Deensen aus nach dem Holzberg und nach Heinade nur Fußwege.

Von Heinade ging ehemals ein Stieg über „Holtensen“ direkt nach Stadtoldendorf.

Erst 1732 wurde ein Fahrweg angelegt, wobei sich an der Sollingtrift - als Zufahrtsweg zum Dorf - einer von vier Schlagbäumen befand.

Von 1842-1845 wurde die „Sollingstraße“ von Arholzen über Deensen nach Heinade und Merxhausen ausgebaut und beidseits mit Hainbuchen bepflanzt.[19]

Beim Beginn des Neubaus der Heinader Wasserleitung 1971 wurden unter der Packlage der Hauptstraße Teile eines alten Knüppeldammes entdeckt.[20]

 

Fotografie: Raimond Schulze, Stadtoldendorf

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-[1] STEINACKER 1907, S. 175.

[2] LAMBRECHT 1863, S. 702.

[3] KNOLL/BODE 1891, S. 394.

[4] RAULS 1983, S. 64.

[5] HAHNE 1972, S. 13ff.

[9] HAHNE 1972, S. 7; STEINACKER 1907, S. 175.

[10] KLEINAU 1967, S. 266.

[12] HAHNE 1972, S. 8; KLEINAU 1967, S. 266; STEINACKER 1907, S. 175.

[13] HAHNE 1972, S. 7; STEINACKER 1907, S. 175.

[14] RAULS 1983, S.294.

[15] nach RAULS [1983, S. 64] befindet sich die „Quittung“ als vergilbtes Blatt im Pfarrarchiv Deensen.

[16] KLEINAU 1967, S. 266.

[17] STEINACKER 1907, S. 175; HAHNE 1972, S. 7.

[18] RAULS 1983, S. 75, 295.

[19] RAULS 1983, S. 109, 111, 184.

[20] Bericht im Täglichen Anzeiger Holzminden vom 17.01.1978.