Kleinbäuerliches Wirtschaften im Hellental

Klaus A.E. Weber

 

Vollbeladener Heuwagen mit Kuhgespann im Umfeld des Hellentals

um 1944

© Historisches Museum Hellental

 

„Hellental ist steinreich”

Bis in unserer Zeit hinein bildet das Grünland mit seinen Wiesen das charakteristische Landschaftsbild des lang gestreckten Hellentals.

Die meisten Hellentaler Dorfbewohner waren in dem hier betrachteten Zeitraum des 18./19. Jahrhunderts Holzhauer, Holzschläger/Holzhauer bzw. Waldarbeiter, die nebenerwerblich eine kleinbäuerliche Landwirtschaft mit je 1-2 Kühen, seltener Schweinen, Ziegen und Schafen betrieben.

Es waren Kleinstellenbesitzer (Brinksitzer) mit einem Mischeinkommen in Familienwirtschaft, aus heutiger Sicht Inhaber kleiner, landwirtschaftlicher Nebenerwerbsbetriebe.

 

Viehbestand um 1894

Im Jahr 1894 umfasste der Viehbestand der Hellentaler Kleinstellenbesitzer  - bei 597 Einwohner:innen in "Hellenthal" - insgesamt

  • 9 Pferde
  • 117 Stück Rindvieh - davon 7 Kälber, 20 Jungtiere im Alter bis 2 Jahre, 90 Kühe über 2 Jahre
  • 1 Schaf
  • 134 Schweine - davon 129 unter einem Jahr
  • 99 Ziegen
  • 11 Bienenstöcke.

 

Der alte Fahrweg mit Blick in das südwestliche Hellental

Ende der 1940er Jahre

© Historisches Museum Hellental

Louise Timmermann (geb. Gehrmann), der Tischler August Schulte und dessen Ehefrau Lina Schulte (geb. Brakmann, verw. Mengeler), Anna Hempel (geb. Frohme), im Hintergrund rechts der Holzschuppen, die „Villa Hutschebank“, von August Schulte

 

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Wiesentypen im Hellental

Darstellung im WildparkHaus bei Neuhaus

© [hmh, Foto: Klaus A.E. Weber

 

Die Böden der aus der staatlichen Forst den Kleinstellenbesitzern im Hellental zugewiesenen Wiesen und Ackerflächen wiesen als Folge der Verwitterung sehr viele Buntsand- und Muschelkalksteine auf, so dass es damals sprichwörtlich hieß: ”Hellental ist steinreich!”

Die losen Steine wurden mühsam abgesammelt und als Lesesteine randständig zu Wällen oder Mauern aufgeschichtet.

 

"An der Koppel" mit Blick auf die Steilhänge des kleinbäuerlich bewirtschafteten Hellentals

1950er Jahre

© Historisches Museum Hellental

 

Die Zeugnisse der früheren kleinbäuerlichen Landwirtschaft findet man noch heute in Waldgebieten des oberen Hellentales, wo sie anschaulich verdeutlichen, dass diese Flächen zuvor einmal offen gewesen und von Kleinstellenbesitzern aus Hellental und Bauern der näheren Umgebung als Wiesen genutzt worden waren.

Im Vergleich zur Grünlandnutzung hatte in der Gemarkung von Hellental der Ackerbau eine eher nachrangige Bedeutung.

Die wenigen flach gründigen Ackerflächen mussten den mehr oder minder steilen Hanglagen äußerst mühsam abgerungen werden.

Die Erträge auf den Buntsand- und Muschelkalksteinböden waren eher minimal.

 

Flurstücke von Holzhauern und Waldarbeitern

Die in der Forst beschäftigten Holzhauer/Waldarbeiter erhielten anfangs auf ihren Lohn angerechnetes Zeitpachtland.

Im Hellental, vom „Birkenweg” zum „Mittelweg” hochziehend, besaßen Holzhauer und Waldarbeiter ehemals kleine Flurstücke, die in den oberen Abschnitten als Ackerflächen, in den unteren als Wiesen landwirtschaftlich genutzt wurden.

Auf den wenigen Ackerflächen wurden, neben Getreide, wie Weizen und Roggen, auch Kartoffeln und Rüben angebaut.

 

Das heutige Grünland "Mittlerer Buschgrund" wurde zuvor zum Anbau

von Kartoffeln und Getreide kleinbäuerlich genutzt

Mai 2020

© [hmh, Foto: Klaus A.E. Weber

 

Auch wurden Holzhauern und Waldarbeitern in der Gemarkung von Hellental schmale Wiesenstreifen im oberen, südwestlichen Hellental, dem meist sumpfigen „Hülsebruch”, zur Grünlandnutzung übereignet (heute Naturschutzgebiet).

Zum Einfahren des Heues und Getreides wurde ein von Kühen gezogener Leiterwagen benutzt.

 

Einlagerung von Heu über die Ladeluke des Zwerchgiebels

auf dem Dachboden eines „Sollinghauses”

um 1944

© Historisches Museum Hellental

 

Die Einlagerung von Heu und Getreide erfolgte über die Ladeluke der Zwerchgiebel auf den Dachböden der alten „Sollinghäuser” im Hellentaler Oberdorf.

Noch zur Mitte des 20. Jahrhunderts, wo jeder Haushalt mindestens über eine Kuh verfügte, wurde das Dorf Hellental von Nachbarorten spöttisch auch als „Kuhscheißerrode“ bezeichnet.

Der Grund hierfür war der Umstand, dass die von ihren Weidegründen im oberen Hellental abends zurück in ihre Stallungen im steil ansteigenden Oberdorf getriebene Kühe, wohl sehr zahlreiche Kuhfladen auf der Dorfstraße hinterließen.

 

Trockenmauerrelikt mit Hainbuchen im mittleren Hellental

Mai 2008

© [hmh, Foto: Klaus A.E. Weber

 

Als noch heute sichtbare Zeichen des kleinbäuerlichen Wirtschaftens im Hellental kommt den vielfach, kilometerlang im Hellental vorhandenen Trockenmauern wie den an östlichen Wiesenhängen erkennbaren Geländespuren eines früheren Bewässerungssystems zum „Fleuen“ von wasser- und nährstoffärmeren Hangwiesen eine besondere kulturlandschaftliche Bedeutung zu.

Ausgedehnte, zwischen 1-3 m hohe Trockenmauern aus ortständigem Buntsandstein wurden 1984 kartiert und noch weitere zugeschüttete und überwachsene Bereiche von ca. 2,5–3 km Länge erwartet.

Wie noch heute in Hellental vielfach erzählt wird, soll es in den schlechten Zeiten des 19./20. Jahrhunderts häufig vorgekommen sein, dass manch einer dem anderen buchstäblich nicht den Grashalm für das wenige weidende Vieh gönnte. Andere gruben dem Nachbarn auf den wasser- und nährstoffarmen Hangwiesen im Tal regelrecht das Wasser ab.

 

Heuernte im Hellental │ um 1960

© Historisches Museum Hellental

 

Dorferzählung

"Heuernte mit Karussell in Hellental in der Nachkriegszeit" [1]

Albert Greinert (oder dessen Sohn? Forstmann) hat Damenbesuch aus Berlin.

Die Dame möchte etwas Besseres sein, hilft aber trotzdem beim Heu machen im Tal.

Es ist die Gelegenheit ihren sogenannten „Luftanzug“, d.h. ein gewisses Etwas mit kurzen Hosen aus leichtem Stoff, zu tragen.

Die alte Frau Matthias aus dem Lönskrug sieht es und erzählt ganz aufgeregt im Dorf:

Da oben im Tal, da ist heute ein Karussell.

Fragen die Leute im Dorf:

„Wieso?“

Frau Matthias:

„Na, da läuft eine Frau in einem Luftanzug“.

 

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[1] Erzählt von Hannelore Schulz geb. Siebers, Hellental.

[2] KreisA HOL 1060.