Fluchtpunkt Hellental - versteckt im Solling

Klaus A.E. Weber

 

"Zum Solling war noch ein rettender Ausweg frei." [6]

Hannelore Siebers [1] war 12 Jahre alt als im Zweiten Weltkrieg das Stadtgebiet von Holzminden am Dienstag, 03. April 1945, das Ziel mehrerer US-amerikanischer Luftangriffe wurde - beim Bombardement nachmittags und frühabends starben rund 200 Personen.[2][5]

Verwandte und Bekannte flohen aus der Kreisstadt und gelangten nach dem versteckt im Sollingwald liegenden Hellental, da ihre aus Holzminden-Altendorf stammende Mutter [3] 1931 einen Hellentaler Anbauer [4] geheiratet hatte.

Wie desertierte Wehrmachtssoldaten (auch Angehörige der Waffen-SS?), so kamen auch verwundete Soldaten aus dem Holzmindener Lazarett nach Hellental.

Sie alle borgten sich „Zivilsachen“ von der einheimischen Bevölkerung.

Wehrmachtseinheiten, das Pionierbataillon der Wehrmacht, hatten sich von Holzminden aus in den Solling zurückgezogen, ebenso die örtlichen Parteifunktionäre der NSDAP untergetaucht.[6]

Am Sonntagmorgen, 08. April 1945, war - unter Beschuss des Klostergeländes von Amelungsborn (13:10 Uhr) - Stadtoldendorf vom 330. Regiment (Combat Team) der 83. Infantrie-Division besetzt worden.[5][6]

Während die US-Kampfeinheit vom 331. Regiment aus der am Montag, 09. April 1945, eingenommenen Kreisstadt Holzminden über Stadtoldendorf und Eschershausen in Richtung Alfeld /Leine (Waffen-SS) weitermarschierte, rückten am Dienstag, 12. April 1945, über Abbecke und Sievershausen US-Truppen nach Dassel vor, wo an der Kirche die "weiße Fahne" wehte.[5][7]

Wie dann um Hellental herum der Belagerungskessel schließlich geschlossen war, war auch das maßlose Elend des Zweiten Weltkrieges zu Ende - im Landkreis Holzminden begann die "Stunde Null" und die "Schweigende Nachkriegszeit".

 

"Entdeckung" des abgelegenen Sollingdorfes [1]

Am Dienstag, 10. April 1945, kontrollierten US-amerikanische Truppen den kompletten Landkreis Holzminden.[5]

Dem gegenüber wurde - angeblich - aber "erst acht Tage nach Kriegsende" - Kapitulation am 08./09. Mai 1945 in Berlin - das entlegene Waldarbeiterdorf im Solling "entdeckt", da zuvor der Wegweiser in Merxhausen am nördlichen Sollingrand entfernt worden seien.

Dies wissend, sollen Wehrmachtssoldaten (auch Angehörige der Waffen-SS?) wie auch NSDAP-Mitglieder rsp. örtliche Parteifunktionäre der NSDAP aus Holzminden in dem abgelegenen Hellental Zuflucht gesucht und wohl auch bekommen haben.

Daraufhin seien systematische Wohnungsdurchsuchungen ("Razzien") durch US-amerikanischen Einheiten erfolgt.

Hellental sei dann Tag und Nacht auch mit Panzern bewacht worden, da die US-amerikanische Besatzung gedacht habe, dass hier die NS-Organisation „Werwolf“ ansässig sei - insbesondere deshalb, weil jemand im Dorf in seiner deutschen Militär-Uniformjacke als hinzu gekommener Wehrmachtssoldat Holz gehackt habe.

Geflohen, da er verfolgt wurde, sei er nie wieder gesehen worden.

Im umgebenden östlichen Sollingforst („Mackensches Holz“) lagen dann zahlreich weggeworfene (Feuer-)Waffen umher.

Dadurch waren im Dorf einige Wilddiebe zugegen, die sich der Schusswaffen bedienten.

Später mussten alle Waffen an die englischen Streitkräfte abgegeben werden.

Am 10. Juni 1945 rückten britische Truppen in den Landkreis Holzminden ein und lösten die US-amerikanischen Einheiten ab.[5]

Hellental zählte dann zur Britischen Besatzungszone („Englischen Zone“).

 

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[1] Nach persönlichen Erzählungen (2015/2016) von Hedwig Hannelore Schulz, geb. Siebers (geb. 02. Oktober 1932 in Hellental, verst. 18. April 2020).

[2] KRETSCHMER 1981, S. 555.

[3] Johanne Hermine Minna Kiene, Holzminden-Altendorf (geb. 19. März 1894, verst. 09. Juni 1975 in Stadtoldendorf).

[4] Karl Julius August Siebers (geb. 18. August 1894 in Hellental, verst. 03. Mai 1961 ebd.).

[5] MÜNTEFERING 2020a-d.

[6] MEYER 1980, S. 254-257.

[7] MEYER 1980, S. 277.