Gemeinde-Backhaus №ass 53

Klaus A.E. Weber

 

 

Das offensichtlich noch um 1900 betriebene "Backhaus"

gelegen oberhalb vom "Teich"

 

Ehemalige Lohnbäckerei als regionales Kleinod in Hellental

Von jeher tragen alte, eng mit der bäuerlichen Kultur verbundene Backhäuser der Region erheblich zum Bild der historischen Kulturlandschaft bei und bilden somit ein wichtiges, erhaltenswertes Kulturgut.

Sie bereichern zugleich auch die Qualität und Quantität des touristischen Angebotes in der Solling-Vogler-Region.

Wegen der Brandgefahr wurden Bauern seit dem 17. Jahrhundert dazu angehalten, ihre Backöfen nach draußen abseits der Hofgebäude zu platzieren.

Im 18. Jahrhundert wurde die Errichtung separater Backhäuser gesetzlich vorgegeben.

Die im 19. Jahrhundert anwachsende ländliche Bevölkerung musste ihr Brot in gesonderten, fremden Backöfen backen lassen, wenn kein Brotkauf möglich war.

Den steigenden Brotbedarf konnten Lohnbäckereien als Gewerbebetriebe abdecken, indem der Brotteig zuhause zubereitet und gegen Entgelt in der Lohnbäckerei gebacken wurde.

Im Gegensatz zu anderen Regionen, in denen zu jedem historischen Bauernhof als Nebengebäude auch ein Backhaus gehörte, wurde im ehemaligen Weser-Distrikt des Herzogtums Braunschweig unter Herzog Carl I. von Braunschweig-Wolfenbüttel (1713-1780) ab 1744 die Errichtung zentraler Dorfbackhäuser verpflichtend - gemäß herzoglicher Verordnungen als Gemeinschaftsbackhäuser.[2]

Einst wurden im Braunschweiger Weserdistrikt Backöfen zudem auch als "Dörröfen" zum Konservieren von Obst durch Lufttrocknung genutzt.

Bei Temperaturen von 30-70 °C wurde dem auf Gitterroste gelegten Dörrgut Wasser entzogen (Dehydrierung).

Vitamine, Mineralstoffe und Nahrungsfasern blieben dabei für längere Zeit erhalten.

Noch heute imponiert im Dorfzentrum des Sollingortes Hellental am alten Mühlenteich der freistehende schlichte Fachwerkbau eines solchen pflichtgemäßen Gemeinde-Backhauses, im 19. Jahrhundert errichtet als selbständiges Bauwerk – wegen der Feuergefahr mit sicherem Abstand zu benachbarten Fachwerkgebäuden.

Das alte Dorfbackhaus - heute Museum im Backhaus des Historischen Museums Hellental - gehörte einst der kommunal selbständigen Hellentaler Dorfgemeinschaft und ist noch heute in kommunalem Eigentum der Gemeinde Heinade.

1875 wurde das massive Spritzenhaus angebaut und fast 110 Jahre lang von der Freiwilligen Feuerwehr Hellental als Feuerwehrgerätehaus genutzt.

Um das die Homogenität des Hellentaler Ortsbildes prägende Backhaus als regional wertvolles ländlich-baukulturelles Erbe zu bewahren, als Kulturdenkmal zu erhalten und nachhaltig für kulturhistorische und kulturtouristische Zwecke als Regionalmuseum zu nutzen, wurde es im Zeitraum 2007-2008 umfänglich restauriert.

 

∎ Profilierte Ofenstütze aus gut erhaltenem, geformtem Buntsandstein (Solling)

Um ein stilisiertes Mühlenrad im Zentrum ist die schlichte Majuskelinschrift angeordnet:

» Georg Düwell │ Müllermeister │ 1828 «

Georg Friedrich Düvel (Düwell, 1797-1861) war der erste Pächter des Dorfbackofens im Jahr 1828.

© [hmh Bleistiftzeichnung [1] / Foto: Klaus A.E. Weber

 

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[1] unbekannter Zeichner; aus der ehemaligen Privatsammlung von Willi Leßmann (Hellental); jetzt Bestandteil der Archiv-Sammlung des HGV Heinade-Hellental-Merxhausen. Original-Stein im Historischen Museum Hellental als Dauerleihgabe von Heinrich Seitz, Hellental.

[2] LINNEMANN 2022, S. 66-67.