Vom "Wirtshaus an der Straße" zum "Lönskrug"

Klaus A.E. Weber

 

Der Lönskrug im Jahr 1968

© Historisches Museum Hellental

 

Im Thekenraum bei "Rudi" im Lönskrug │ 1986

Rudi Timmermann mit Erwin Schulz, Heinrich Keime, Karlheinz Fischer

Silberhochzeit von Lothar Schmidt

© Historisches Museum Hellental

 

Im alten Hellentaler Dorfkrug, dem „unteren Kreuger“ (= Krüger), ergänzten sich über viele Jahrzehnte hin Land- und Gastwirtschaft auf gute synergistische Weise (Ass.-№ 3).

In seinem noch heute in Hellental weitgehend bekannten Gedicht „Die böse Sieben” soll Hermann Löns mit dem "Wirtshaus an der Straße" den ehemaligen Dorfgasthof beschrieben haben, einen Vorgängerbau

  • „Timmermannsche Gastwirtschaft“

  • Gasthaus "Zum Lönskrug"

  • „Landgasthaus Lönskrug”

  • heute "LandHotels Lönskrug"

in der Lönsstraße 2 in Heinade-Hellental.

Schon vom ins Tal einmündenden „Birkenweg” aus sei, so Hermann Löns, die leuchtende, das Bild bestimmende Fassade des mehrstöckigen Dorfgasthofes zu sehen gewesen.

 

Unterer Dorfkrug - das "Wirtshaus an der Straße"

schlichtes zweistöckiges Fachwerkgebäude (Ass.-№ 3) um 1900

oben: älteste bekannte Fotografie des Vorgängerbaus

des heutigen „LandHotels Lönskrug”

unten: Ausschnitt aus einer Bleistiftzeichnung

H. Meyer aus Hannover, September 1900 [9]

© Historisches Museum Hellental

 

Es wird angenommen, dass der Glasmachermeister „Herr“ Jobst Heinrich Gundelach nach 1717 nicht nur die große Glasproduktionsanlage, sondern typischerweise auch ein eigenes Wohnhaus erbaute, sein Meisterhaus.

Es soll für die damaligen örtlichen Verhältnisse ein außergewöhnlich stattliches Wohnhaus gewesen sein.[1]

Um 1743 sei nach der Stilllegung der ortsfesten Glashütte Steinbeke das ehemalige Gundelach’sche Herrenhaus vom braunschweigischen Staat gegen die Entrichtung des stattlichen Kaufpreises von 1.500 Reichstalern erworben und dem damaligen Förster Meyer - „Jäger Meyer“ - als Dienstwohnung (Forsthaus) zur Verfügung gestellt worden.

Nach LESSMANN [1] sei nach dem Tode von Meyer 1756 das Wohnhaus seiner Witwe zum Kauf angeboten worden, die das Haus mit Grundstück (Garten) gemeinsam mit ihrem Sohn für 200 Taler erworben habe.

Wie RAULS in seiner Ortschronik Deensen [7] dem hingegen ausführt, soll der Reitende Förster Johann Christoph Borchers in dem Herrenhaus der verlassenen Steinbeker Glashütte gewohnt haben.

Wenn dies tatsächlich zuträfe, lebte Borchers dort nur für einen kurzen Zeitraum, da er bereits um 1744 das 1721 in Schießhaus errichtete und 1812 wieder abgebrochene Wildwächterhaus übernommen haben soll.

In dem Wildwächterhaus hatte zuvor der „Eichelbinder“ [3] Sigismund Steinmell als erster Bewohner mit seiner Familie gelebt; er verstarb dort 1744.

Johann Christoph Borchers kaufte dann 1754 den Großkothof Ass.-№ 52 in Deensen (mit Hof, 10 ½ Morgen Meierland, 2 Fuder Wiesenwuchs, dem Wohnhaus mit Hecken und Planken) für 167 Taler und 18 Mariengroschen.

Noch 1792 wurde das Gebäude mit Ass.-№ 3 unter dem Namen Jäger Meyers Erben geführt (Fläche der Hausstelle: 10 Ruten, 64 Fuß), einschließlich des für Hellentaler Besitzverhältnisse ungewöhnlich großen Grundstückes von 5 Morgen und 107 Ruten (= 12.997 m²),

davon 3 Morgen, 120 Ruten, 15 Fuß Garten und 1 Morgen, 136 Ruten, 82 Fuß Wiesen.

 

Zeichnung und Situationsplan zu einem Nebengebäude des

"Gastwirths Timmermann zu Hellenthal"

16. Feburar 1877

© Historisches Museum Hellental

 

Vormals „Wohnhaus vom Leiter der Glashütte“

Zu der späteren „Timmermannschen Gastwirtschaft“ ist der Dorfbeschreibung „Hellenthal“ von STEINACKER [5] zu entnehmen, dass diese vormals das „Wohnhaus vom Leiter der Glashütte“ gewesen sei.

Auch LAMBRECHT [2] beschrieb bereits vier Jahrzehnte zuvor, dass die "jetzige Wirthschaft" das ehemalige Herrenhaus sei und "dasselbe das älteste des Dorfes".

STEINACKER berichtete, es habe sich um einen zweigeschossigen Fachwerkbau „mit Tür in der Längsseite, Giebel an der Straße und Däle rückwärts quer“ gehandelt.

Somit sei hier im Wesentlichen der „Typus III“ der Einhäuser vertreten gewesen, ein verhältnismäßig seltener Typus im Kreis Holzminden.

Des Weiteren führte STEINACKER [5] aus:

"Die Vorkragung von Oberstock und Giebel hat scharfkantige Schwelle und gerundetes Füllholz.

Im Oberstock ein Zimmer mit roh gearbeiteter Stuckverzierung; niedriges Sockelgetäfel mit aufgemalten Spitzquadern, an der Eingangswand zwei farbige Stuckpilaster mit Rahmenwerk, gegenüber zwei Arkaden über Pilastern, in den Zwickeln Blätter und Früchte, die eine Arkade einst offen gegen ein Nebenzimmer, die andere eine Kaminumrahmung, Decke mit Gesims und einfachem Rahmenwerk, in einer Wand (Giebelseite) drei kleine Fenster, als Fußboden ein Gipsestrich."

Um 1809 wird der am 07. November 1775 geborene Forstaufseher und Klaftermeister Johann Daniel Germann als „Krugwirt“ im Kirchenbuch Heinade geführt; er starb am 19. April 1827 in Hellental.

Auch wurde Johann Karl Löhr als „Krugwirt“ benannt, jedoch ohne zeitliche Zuordnung (vor 1854), ebenso ein Krüger und Krämer namens Meyer.

Das Hellentaler Brandversicherungskataster von 1834 nennt Georg Timmermann als Eigentümer des Hauses Ass.-№ 3.

Hierbei wird auch ein „Nebengebäude“ sowie eine „Holzremise [Holzschuppen] oder Scheuer“ erwähnt.

Der am 07. Mai 1823 in Hellental geborene Tabakfabrikant Georg Friedrich Daniel Theodor Timmermann wird um 1855 als Gastwirt im Kirchenbuch Heinade angegeben; gestorben am 11. Januar 1868 in Hellental.

Der Gastwirt Timmermann heiratete am 03. Juni 1847 in Hellental die am 25. September 1825 ebenfalls in Hellental geborene Johanne Luise Friederike Appel.

Deren Sohn, der am 08. September 1852 in Hellental geborene Brinksitzer, "Gastwirth" und Krämer Wilhelm Carl Julius August Timmermann wird um 1877 in der gemeindlichen „Hebeliste“ als brandversicherungspflichtiger Gebäudeeigentümer ausgewiesen.

 

Zeitungsmitteilung vom 09. Oktober 1903 [3]

 

Am 02. Oktober 1903 brannten abends die Wohngebäude, Stallungen und der Tanzsaal der zwischenzeitlich neu errichteten „Timmermann’sche Gastwirtschaft” nieder.

 

1903 brannten die Wohngebäude, Stallungen und der Tanzsaal

der „Timmermann’sche Gastwirtschaft” nieder [8]

© Historisches Museum Hellental

 

Niederbrennen des Wirtschaftgebäudes um 1956/1957

TAH-Pressebericht [9]

© Historisches Museum Hellental

 

Wie berichtet wurde, habe Carl Timmermann 1905 mit dem Wiederaufbau seiner Gastwirtschaft begonnen.

Allerdings sei hierbei das Gebäude etwas weiter von der Straße zurückversetzt wiedererrichtet worden.[4]

Der neue Dorfkrug sei nun größer und schöner als zuvor geworden und es soll jetzt sogar eine eigene Sängerstube gegeben haben.[1]

Die älteste in Hellental erhalten gebliebene Fotografie des Dorfkruges zeigt ihn als schlichtes zweistöckiges Fachwerkgebäude um das Jahr 1900, wie es am ehesten der zuvor zitierten Beschreibung von Steinacker 1907 entsprach.

Der Heimatdichter Hermann Löns ließ sich gerne im gemütlichen Gasthaus von Carl Timmermann nieder und schloss schließlich mit dem Gastwirt und seiner Familie eine bleibende Freundschaft, aber auch mit Hellental und der umgebenden Landschaft.

Somit war Hermann Löns über Jahre eng mit der Geschichte des später nach ihm benannten „Lönskruges” verbunden, dem alten "Wirtshaus an der Straße".

Ein im Original erhaltener, handschriftlicher Eintrag von Hermann Löns im Gästebuch des Dorfkruges weist den 01. April 1913 aus.

 

Der Lönskrug mit Biergarten │ um 1980

Der große Kastanienbaum im Biergarten wurde 1948 gepflanzt.

© Historisches Museum Hellental

 

Der Lönskrug im Jahr 2007

© [hmh, Foto: Klaus A.E. Weber

 

Der traditionsreiche "Lönskrug" im zeitlichen Wandel

 

 

1834-2000

Familie Timmermann

Aus der Familiengeneration Timmermann betrieb zuletzt Rudolf Timmermann (* 17. Februar 1935) gemeinsam mit seiner Ehefrau Irmtraud Timmermann (geb. Wulf) das "Landgasthaus Lönskrug" bis zum Jahr 2000.

1961 wurde das Gasthaus "Zum Lönskrug" von R. Timmermann beworben als "Pension und Kaffeegarten mit Liegewiese".

Wie Rudolf Timmermann dem Autor berichtete, sei während seines Gastättenbetriebs zu 90 % Bier der Brauerei Allersheim ausgeschenkt worden.

 

Gasthaus Timmermann 1928 [11]

 

Hellental um 1937

"Gasthaus Richard Timmermann" [10]

 

Gast- und Pensionshaus "Lönskrug" │ um 1980

Gast- und Thekenraum

© Historisches Museum Hellental

 

2000-2011

Eckhard Prinz

Nach der fünften Familiengeneration Timmermann ging im Jahr 2000 das alte Anwesen in den Besitz der Familie Eckhard Prinz über, die den traditionellen Lönskrug bis Ende des Jahres 2011 als gern besuchtes kulinarisches Restaurant mit Biergarten und modernem Hotelbetrieb weiterführten.

 

Seit November 2012

Martin Schell und Kathrin Pietzner

 

Erste Werbungen in den Monaten November und Dezember 2012

Anzeige im TAH

© Historisches Museum Hellental

 

Im November 2012 übernahmen Martin Schell und Janine Schell gemeinsam mit Kathrin Pietzner als neue Eigentümer den nun als "Landhotel Lönskrug" in der Lönsstraße 2 fortgeführten, renommierten Gastronomie- und Hotelbetrieb (mit Gaststube, Lönsstube, Biergarten, Lönskeller und Festsaal).

Martin Schell als Koch sowie Kathrin Pietzner als Hotelfachfrau führen nunmehr in der S&P Hotel GmbH das "LandHotel Lönskrug" erfolgreich weiter.

Heutiger Geschäftsführer ist alleine Martin Schell,

 

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[1] LESSMANN 1984.

[2] LAMBRECHT 1863, S. 706.

[3] LESSMANN 1984, S. 24.

[4] persönliche Mitteilung von Karl Wilhelm Seitz in 30163 Hannover (06/2004).

[5] STEINACKER 1907, S. 177-178.

[7] RAULS 1983, S. 327.

[8] gerahmte, beschädigte Fotografie aus dem ehemaligen Privatbesitz von Willi Lessmann (Hellental).

[9] nach Auffinden der Pressemitteilung eingeholte Auskunft von Rudolph Timmermann am 31. August 2019.

[10] Ansichtskarte aus dem Verlag Karl Bremer, Buchhandlung, Dassel - Archiv HISTORISCHES MUSEUM HELLENTAL.

[11] Ausschnitt aus einer verschollenen Ansichtskarte, datiert 1928.