Die „Pfarre“ und das „Heenadische“ Kirchenleben

Klaus A.E. Weber

 

Evangelisch-lutherische Pfarrkirche Heilig Kreuz

 

Pfarrkirche „Heilig Kreuz“ in Heinade │ Oktober 2014

© HGV-HHM, Foto: Klaus A.E. Weber

 

Der Ausschnitt mit dem Dorfnamen „Heyna“ aus der Tafel 28 Amt Wickensen im Ämteratlas des Gottfried MASCOP weist in der ältesten Karte des ehemaligen Fürstentums Braunschweig-Wolfenbüttel aus dem Jahr 1574 aus, dass mit einem eigenen Symbol klassifiziert, Heinade in den Jahren um 1572-1574 eine Pfarrkirche besaß.[39]

Die 1607 von Herzog Heinrich Julius begründete Pfarrei mit Kapelle wurde 1623/1624 durch eine Kirche ersetzt.

Der aus Heinade stammende Amtmann Conrad Schoppe († 1639) stiftete Bau der Kirche, der 1624 vollendet wurde.

Zudem stiftete er den spätgotischen Altaraufsatz, der 1886 unauffindbar in den Kunsthandel gelangt sein soll.

Er hatte es während seiner Zeit als Amtmann in Salzderhelden und Moringen zu Wohlstand gebracht.

Seine Ehefrau war Margaretha von Asche (1557-1625).

Bereits 1623 hatte Conrad Schoppe eine Kirchenglocke bei dem Glockengießermeister Hinrich Korver in Auftrag gegeben, auf der gleichfalls sein Wappen und das seiner Frau Margaretha von Asche zu sehen waren (Inschriftenkatalog Nr. 219 Heinade, Heilig Kreuz).

Eine Bauinschrift (Inschriftenkatalog Nr. 220† Heinade, Heilig Kreuz) über der Kirchentür mit dem Wappen des Amtmanns Conrad Schoppe wies ehemals aus:

 

Anno 1624 me in honorem Dei Conrad Scoppius Praefectus in Salinis Herom et

Margretha ab Ascha fieri curaverunt

O adoranda Trinitatis

 

Im Jahr 1624 ließen mich zur Ehre Gottes erbauen Conrad Schoppe, Amtmannin in Salzderheden (?), und

Margaretha von Asche.

Oh anbetungswürdige Dreifaltigkeit!

 

Schließlich wurde das alte Kirchengebäude durch eine neue „schlichte“ Kirche – dem heutigen Kirchengebäude Heilig Kreuz – ersetzt und 1823 geweiht.

 

Renaisancezeitlicher Taufstein der Pfarrkirche

© HGV-HHM, Foto: Klaus A.E. Weber

Im Kircheninnenraum befindet sich ein renaisancezeitlicher Taufstein aus behauenem Buntsandstein, der nach seinem Wiederauffinden und Instandsetzung durch den Heinader Bildhauermeister Hermann Specht 1952 heute wieder bei Taufen benutzt wird.

Im Glockenturm der Pfarrkirche imponiert auch die Kirchenuhr mit ihrem mechanisch betriebenen Uhrwerk von 1890 der Turmuhrenfabrik J. F. Weule in Bockenem.

 

Turmuhrwerk von J. F. Weule [41] aus dem Jahr 1890

© HGV-HHM, Foto: Klaus A.E. Weber

 

Nach ANDERS [32] sei anzunehmen, dass Heinade und Merxhausen im Mittelalter eher zum Mainzer Sprengel als zum Sprengel Paderborn gehörten, da beide Dörfer nicht im Verzeichnis des Archivdiakonals von Paderborn (Sedes Höxter) aufgeführt seien.

„Heenade“ war "von alters hero eine zu der Pfarre Deensen" gehörige Filial gewesen, eine Filial von Deensen [1]:

"Auszug aus dem Heinadischen Kirchenbuch, darinne verzeichnet ist:

1. Von wem das von alters her zu der Pfarre Deensen gehörige Filial Heinade zu Lehen gehe,

2. Wer die Pfarre und Kirche daselbst mit Gütern dotiret und begabet, und was für Intraden oder Einkünften dabei gehören.

Wobei auch zu finden ein Tauff- und Copulationsregister, von mir Jacobo Stachio, pro tempere zwanzigjärigen Pastor daselbst.

Weil das alte Kirchenbuch in den gefährlichen Kreigesleuften von Händen kommen.

Zur Nachrichtung bona fide et Conscientia eigenhändiggeschrieben und aufgesetzt im Jahre unsers Erlösers uns Seligmachers Jesus Christi Geburt 1661.

Belerhrung: In nomine Sacro Sancta et Individua Trinitatis Dei Partris, Filii et Spiritus Sancti, Amen!"

 

Die Kirche in Deensen hatte bereits am 07. Dezember 1557 durch Schenkung des Welfen Heinrich der Jüngere (1489-1568), machtbewusster Herzog zu Braunschweig-Wolfenbüttel [2], 20 Morgen zehntfreies Land übereignet bekommen.

Bei der 1746-1784 vorgenommenen „Generalvermessung des Landes Braunschweig” wurde 1756 hingegen aber festgestellt, dass das Kirchenland 26 Morgen, 56 Quadratruthen und 2 Quadratfuß umfasste, darunter etwa 3,33 Morgen vor „dem Bruche“ und an der „Braaker Höhe“, die wüst (unbestellt) waren.[3]

Nach RAULS [33] soll im 16. Jahrhundert anlässlich von Visitationen im Fürstentum Braunschweig der Amtmann in Fürstenberg die Ansicht vertreten haben, dass Deensen keine rechte Pfarre sei, sondern nur ein Filial von Heinade.

Der Gutsherr Gotthard von Campe habe „Heinade nach Deensen herübergezogen und sei deswegen beim Fürsten in Ungnade gefallen“.

Hingegen war Deensen bereits 1509 als Pfarrsitz begründet und ausgestattet worden.

RAULS spekulierte daher, dass „Deensen in der Zeit, als die Pfarrstelle einmal unbesetzt war, von Heinade aus versorgt wurde“, wofür spräche, dass „Männer von Heinade die Verhandlungen mit der Bäckergilde in Einbeck geführt hatten und Heinade noch vor Deensen ein Darlehn nach Einbeck gegeben hatte.“

Als Pastor Heinrich Kirchhof 1566 die Pfarrstelle in Deensen übernommen hatte, soll er zugleich auch Heinade mitversorgt haben, „denn die Pfarreinkünfte von Heinade waren damals ja kümmerlich“.

Heinade wurde dann über 300 Jahre durch den Pastor in Deensen kirchlich betreut, wobei es immer wieder Anlass zu Auseinandersetzungen gab, „wenn es sich um Transportkosten für den Pastor oder Bauunterhaltungskosten für das Pfarramt in Deensen handelte“.

1698 kamen sowohl Merxhausen als auch Denkiehausen als Filialen zur „Pfarre“ Heinade hinzu.[4].

"Mittels Höchsten Rescripts" vom 06. März 1878 erging die kirchenbehördliche Genehmigung zur Gründung einer eigenständigen Pfarrstelle in Heinade mit den drei Filialen Denkiehausen, Hellental und Merxhausen.

Damit fand der bereits 1857 begonnene Abtrennungsprozess der Filiale Heinade von dem bis dahin zuständigen Kirchspiel Deensen seinen Abschluss.[5]

 

 

Die evangelisch-lutherische Pfarrkirche „Heilig Kreuz“

In „Heina“ soll 1607 die „Pfarre des Ortes“ eingerichtet und vom Braunschweiger Herzog Heinrich Julius als Patron mit 20 Morgen zehntfreiem Land ausgestattet worden sein.

Die Pfarre blieb als „Filial“ schließlich bis ins letzte Drittel des 19. Jahrhunderts mit Deensen verbunden.

Nach KNOLL/BODE [34] soll Heinade bis 1624 nur eine Kapelle besessen haben.

Die beiden Nachbarorte Merxhausen und Denkiehausen waren 1698 von der Pfarre Mackensen zur Parochie Heinade hinzugekommen, 1728 dann auch die Werkssiedlung der Glashütte „Zur Steinbeke“ im Hellental.

Zunächst war in Heinade nur eine Kapelle errichtet worden, die 1557 erwähnt und bereits 1540 erbaut worden sei.[6]

Später drohte die Kapelle zu zerfallen. Die Einbecker Bäckergilde war seit 1563/64 verpflichtet gewesen, neben der Kirche in Deensen, auch die Heinader Kapelle mit Oblaten zu beliefern.[7]

Dem „Corpus Bonorum“ von 1751 sei nach STEINACKER [35] zu entnehmen, dass die im Dreißigjährigen Krieg, kurz vor dem Einfall von Tillyschen Truppen, 1624 erbaute Kirche von dem in Heinade geborenen Amtmann Conrad Schoppe zu Salzderhelden und später zu Moringen für seine alte Heimatgemeinde errichtet worden sei, ausgestattet mit Altar, Kanzel und Gemälden.

Die Finanzierung des Kirchenneubaus erfolgte vermutlich aus Eigenmitteln, da es Conrad Schoppe während seiner Zeit als Amtmann in Salzderhelden und Moringen zu „einigem Wohlstand gebracht“ habe.[8]

Über der Kirchentür soll einst auch sein in Stein gehauenes Wappen mit der Inschrift geprangt haben: [9]

 

"Anno 1624:me in honorem Dei Conrad Scoppius Praefectus in Salinis Heroum [10] et Margaretha ab Ascha fieri curaverunt. O adoranda Trinitas!"

 

 

Sowohl der Altar als auch ein Epitaph sollen dasselbe Wappen von Conrad Schoppe getragen haben.

Das Kirchengebäude überstand zwar die Folgen des Dreißigjährigen Krieges, aber der dicht unter seiner Spitze noch nicht völlig eingedeckte Turm „gab dem Regen und Schnee Zutritt“.

Die „durch den Krieg übel mitgenommene“ Heinader Gemeinde sei aber außer Stande gewesen, die fälligen Reparaturarbeiten ausführen zu lassen.[11]

Eine Beschreibung von 1756 sagt aus, dass die Mauern des Kirchengebäudes massiv gemauert waren, aber bereits mehrere Risse aufwiesen.

Auf Grund ihres schlechten baulichen Zustandes wurde die Kirche bereits 1766 gründlich instand gesetzt.

Besonders baufällig war später auch der Turm gewesen, weshalb 1822 der Lehrer und Opfermann Buschmann seinem Dienstvorgesetzten, dem Pastor in Deensen, berichtete: [12]

 

"Gestern vor 8 Tagen fiel ein Teil von dem Boden, gerade wie ich in der Kirche war, herunter.

Ich hatte beschlossen, gestern die Gottesdienstgeschäfte nicht zu verrichten, habe aber nochmals mein Leben gewagt.

Heute Morgen ist wieder ein Holz heruntergefallen.

Unter diesen Umständen bitte ich zu verfügen, daß ein Ort ausgemittelt wird, wo die Gottesdienstgeschäfte verrichtet werden.

Auch befürchte ich, dass die Glocken zu Schaden kommen.

Ich verbleibe mit vorzüglicher Hochachtung

Heinade, den 8.5.1822    Ihr dienstwilliger Buschmann"

 

 

Schließlich wurde das baufällige Kirchengebäude 1822 abgerissen, eine neue „schlichte“ Kirche erbaut und am 12. Oktober 1823 geweiht.

Es ist das heute noch bestehende Kirchengebäude.

1890 wurde der Kirchturm auf 25 m erhöht und die Kirche erneut umfassend renoviert.

Erst 1955 erhielt die Kirche eine neue Schleifladenorgel, eingerichtet vom Orgelbaumeister Weissenborn aus Braunschweig.

Ein Jahr später, 1956, wurde das Kirchengebäude innen vollkommen renoviert und am 15. Juli 1956 festlich eingeweiht.

Der ursprünglich vorhandene große Taufstein aus Sandstein wurde nach STEINACKER [35] 1736 durch einen Taufengel mit zinnerner Schüssel ersetzt, den der Amtmann Jobst Henrich Gundelach zu Lichtenberg, Leiter der Glashütte Steinbeeke im Hellental, gestiftet haben soll.

Es ist anzunehmen, dass der Taufengel, wie in jener Zeit häufig, an einem Seil unter der Decke der alten Heinader Kirche hing und eine Taufschale in der Hand hatte, aus der die Taufe vorgenommen wurde.

Hierdurch wurden die Taufsteine im Kirchenleben entbehrlich und beiseite gestellt.[13]

Der alte Taufstein der Heinader Kirche wurde später beschädigt und hinter der Schule auf dem Kirchhof vergraben.

Erst um 1952 wurde er wieder hervor geholt, vom Heinader Bildhauermeister Hermann Specht instand gesetzt und in die Kirche zurückversetzt, so dass er wieder bei den Taufen benutzt werden konnte.[14]

Um 1741 soll zudem ein Altar vom Amtmann Jobst Henrich Gundelach gestiftet worden sein, nebst einer Altarbekleidung aus Nesseltuch und einer Decke von grünem Mohr (Samt), mit goldenen Borten eingefasst.

Neben diesem gab es einen weiteren großen und kunstvollen Altar [15], der damals schon als alter Altarschrein ein Geschenk des Kirchenstifters Conrad Schoppe gewesen sei.

Der Altar sei mit dessen Wappen versehen gewesen.

Allerdings sei der Flügelaltar 1885/1886 an einen Händler verkauft worden.[16]

Zur weiteren Ausstattung der Heinader Kirche gehörten

  • ein barocker Silberkelch

  • eine Silberpatene

  • ein Kronleuchter aus Gelbguss

  • Altarleuchten aus Zinn.[17]

Neben dem gestifteten silbernen Kelch ist das weitere Silbergeschirr - Oblatenschüssel, Teller, Kanne u. dgl. - über 100 Jahre alt.

Es wurde von anderen Personen gestiftet, über deren Herkunft und Bedeutung allerdings bislang nichts bekannt ist.

Die alte Kirchenuhr soll seit 1890 keine Stunde verloren haben.

Das bis heute völlig einwandfrei laufende Uhrwerk wird von einem Gewicht über Seilzug angetrieben und muss nur einmal wöchentlich manuell aufgezogen werden.

 

Zwei historisch wertvolle Kirchenglocken

Von besonderem kirchenhistorischem Wert sind insbesondere die beiden Kirchenglocken [18] der evangelisch-lutherischen Pfarrkirche „Heilig Kreuz“ in Heinade, eine größere sowie eine kleinere, die möglicherweise aus dem 14. Jahrhundert stammt.

Nach STEINACKER [35] wurde die kleinere, schmucklose Glocke bereits 1756 als „uralt“ bezeichnet.

Folgt man HAHNE [36], so wurde die größere Glocke von dem Amtmann Conrad Schoppe gestiftet und von dem Glockengießer Hinrich Korver im Auftrag des Amtmannes und seiner Gattin Margarete von Asche gegossen.

Folgt man hingegen den Ausführungen von Rauls in seiner „Deenser Ortschronik“[19], so schenkte Conrad Schoppe mit seiner Ehefrau Elise Juliane Gundelag „eine größere Glocke von 56 cm Durchmesser“ zu der vorhandenen Glocke.

Elise Juliane Gundelag soll zudem einen silbernen Kelch von 21 cm Höhe gestiftet haben.

Das Äußere der größeren Glocke gliedert sich in sechs barocke Darstellungen, worunter sich als Reliefs befinden:

  • ein Kruzifix mit Maria und Johannes

  • das Lamm Gottes mit Siegesfahne

  • Maria mit dem Christuskind

  • ein leidender Christus

  • allegorischer Blumenschmuck.[20]

Zudem beschrieb STEINACKER 1907 auch eine „kleine neue Schlagglocke“ im Turmhelm.

 

Die Parochie und ihre Pastoris

Da Heinade eine Filialkirche der Pfarre zu Deensen war, verfügt sie nicht über einen eigenen Pastor.

Nach zwei von HAHNE [37] zitierten Urkunden sei aber davon auszugehen, dass Henade ehemals - zumindest in den Jahren 1641-1661 - gleichwohl über einen eigenen Pastor verfügte.

1878 erhielt das Bauerndorf Heinade eine eigene „Pfarre“ und wurde damit zum Pfarrdorf.

Heinade wurde 1568 von der Kirche in Deensen aus betreut, mit der Heinade bis 1878 verbunden war; Patronat um 1540, 1568, 1756.[21]

Im Zeitraum vor und nach 1640, also noch während des Dreißigjährigen Krieges, sei, wie RAULS [38] ausführte, über Jahre hindurch niemand gefunden worden, der das Pfarr- und Kirchenland von Heinade übernehmen wollte.

1643-1646 sei keine Kirchenrechnung aufgestellt worden, da die Kirchengemeinde in Heinade über keinerlei Einkünfte verfügte.

Die Pfarrer bzw. Pastoren („Pastoris“) jener Zeit erhielten so genannte Pfründe, also Einnahmen meist in Form von Naturalien, da sie über keine feststehende Bezahlung erhielten.

Die Kirche bzw. der Pastor verfügten damals aber über „gewisse“, also festliegende Einnahmen (Steuern) sowie zusätzlich auch über „ungewisse“ (Gebühren für kirchliche Handlungen) am Kirchenort wie in den Filialdörfern.

Nach HAHNE [22] wies die Kirche in Heinade 1756 eine Jahreseinnahme in Höhe von 17 Reichstalern, 15 Groschen und 6 Pfennigen auf, denen Ausgaben in vielen kleinen Einzelposten in Höhe von 6 Reichstalern und 17 Groschen gegenüberstanden.

Die Einnahmen wurden durch die Kirchenstände (Steuern) und aus dem Verpachten von Pfarrland ("Pfarrländerye") erzielt.

Neben diesen Kirchenabgaben waren zusätzlich noch Abgaben für den Pastor in Deensen zu entrichten.

Der amtierende Pastor erhielt vom Pfarrland (20 Morgen) 4 Malter und 3 Himpten Roggen sowie 4 Malter und 3 Himpten Hafer, die nach Deensen zu liefern waren, alternativ zahlten Pächter 20 Taler baren Geldes.

Wiesen, Garten und Holzung brachten insgesamt 7 Reichstaler ein.

1 Himpten Hafer wurde von jeder Familie als allgemeine Pfarrsteuer erhoben.

Wer über kein Land verfügte, entrichtete 8 Groschen.

Jährlich erbrachte diese „Hafersteuer“ 54 Taler und 3 Groschen, die auf das Pferd des Pastors angerechnet wurde.

Nach HAHNE ergibt sich aus der Aufstellung aller Kirchen- und Pfarreinnahmen, dass „für diese gut gesorgt war.“[22]

Bei der Kirchenvisitation in Deesen von 1653, an der auch Heinader Dorfbewohner beteiligt waren, bat Pastor Jacobus Stachius darum, ihm, wenn „böses Wetter“ wäre, ein Pferde für den Weg nach Heinade zur Verfügung zu stellen.

Nach RAULS [13] nur zu verständlich, „denn wenn er (Anm.: der Pastor) im Winter am Sonntag um 08:30 Uhr den Gottesdienst in Heinade halten wollte, musste er sich oft bei Dunkelheit auf den Weg machen.

Waren in der Nacht vorher etwa noch Schneewehen eingetreten, dann war bei den schlechten Wegeverhältnissen und dem geringen Verkehr an ein Durchkommen zu Fuß nicht zu denken“.

Die Dorfbewohner von Heinade erklärten sich hingegen aber nur bereit, „dem Pastor Stachius Hafer für sein Pferd zu liefern“.

Besonders bemerkenswert ist, dass nach HAHNE [22] sich die Heinader in den Jahren 1679-1689 weigerten, den Hafer abzuliefern, mit der Begründung, der Pastor müsse von ihnen jeweils zu den Gottesdienst abgeholt werden und daher dessen Pferd keinen Hafer brauche.

Durch das ausdrückliche Mandat vom 18. Februar 1699 wurde von der braunschweigschen Regierung die pünktliche Entrichtung der Haferabgabe wieder erreicht.

Am Sonntag wurde in der Regel der erste Gottesdienst in Heinade und der zweite in Deensen um 10:30 Uhr gehalten.[23]

Die Gebühren (als „ungewisse“ Einnahmen) für Taufen, Konfirmationen, Hochzeiten, Beerdigungen usw. waren in der Zeit der Armut auch für Heinade sehr hoch gewesen.

So waren für eine Trauung 1 Taler, für das Aufgebot 12 Groschen zu entrichten.

Dies führte dazu, dass viele sozial benachteiligte Paare sich nicht kirchlich trauen ließen und somit unverheiratet zusammenlebten.

Die Taufe eines ehelichen Kindes kostete 6 Groschen, die eines unehelichen dagegen aber 1 Taler.

Die Gebühr für eine Kirchenbuße betrug 1 Taler, für eine Leichenpredigt ebenso viel.[24]

Laurentius errechnete 1756 für die vier Dörfer der Parochie Heinade eine Einnahmesumme von 100 Talern für den Pastor und 54 Taler für dessen Pferd.

Im „Corpus bonorum“, dem Einnahmebuch der Landeskirche, waren hingegen nur 50 Taler angesetzt worden.[25]

Die Freiheit des religiösen Glaubens – allerdings nur im Rahmen staatlich anerkannter Religionsgemeinschaften, wie Lutheraner, Reformierte, Katholiken und Juden - wurde 1832 durch die „Neue Landschaftsordnung“ festgelegt, die 1848 die Rechtsgleichheit erhielten.

Zugleich wurde auch die Freiheit des Gewissens durch die „Neue Landschaftsordnung“ rechtlich garantiert.

Die Verpflichtungen gegenüber der Kirche und Schule waren bei der Ablösung der Dienste und Grundlasten zunächst durch das Gesetz von 1834 ausgenommen worden, da diese teilweise die Einkünfte der Pastoren und Lehrer sicherstellten.

Schließlich wurde 1867 auch die Ablösung dieser Verpflichtungen reguliert.

Nach der 1878 ergangenen Genehmigung zur Gründung einer eigenständigen Pfarrstelle Heinade erwarb die neue Pfarre einen alten Halbmeierhof in Heinade, der zum Pfarrhaus ausgebaut wurde.[26]

 

Die Kirche in Deensen  

Ein Schmerzenskind der Gemeinde

Wie der Ortschronik Deensen [27] zu entnehmen ist, wurde zur Mitte des 18. Jahrhunderts über den Zuschuss der Dörfer Heinade, Hellental und Merxhausen gestritten, da diese sich stringent weigerten, ihren jeweiligen Beitrag zum Bau eines neuen Pfarrwitwenhauses in Deensen zu entrichten, mit dem 1751 bereits begonnen worden war und das aber erst nach 26 Jahren fertig werden sollte.

Hierbei handelte es sich um eine Pflicht, die den Gemeinden bereits 1641 landesherrlich auferlegt worden war.

Wesentlicher Hintergrund für die ungewöhnlich lange Bauzeit war, dass die Gemeinde Heinade einen Kostenbeitrag konsequent ablehnte.

Die hierzu bemühte Juristische Fakultät in Leipzig entschied 1777, dass Heinade für die Kosten des Pfarrhauses wie für die des Pfarrwitwenhauses mit aufzukommen habe, obgleich Heinade zwar eine selbständige Kirchengemeinde sei, hingegen aber zusammen mit Deensen einen gemeinsamen Pfarrer hätten.

Unzufrieden mit dieser Entscheidung, beauftragte die Gemeinde Heinade im Gegenzug einen Notar in Holzminden, beim Reichskammergericht in Wetzlar Berufung einzulegen.

Die Gemeinden Merxhausen und Denkiehausen erklärten, sie hätten mit Deensen nichts zu tun, da sie zu Heinade gehörten.

Nach RAULS [1983] füllen die Schriftsätze zu dem Baukostenstreit „dicke Bände“.

Da nachgewiesen werden konnte, dass sich die Gemeinde Heinade 1668/1669 bei den Baukosten des ersten Pfarrwitwenhausen mit der Hälfte beteiligt hatte, sei das Reichskammergericht in dieser Sache nicht mehr bemüht worden.

Um das angespannte Verhältnis zwischen den Kirchengemeinden Heinade und Deensen in finanziellen Angelegenheiten während des 18. Jahrhunderts zu kennzeichnen, sind noch zwei weitere Streitigkeiten um die Pfarre in Deensen hervorzuheben.

Zum einen verhielten sich 1788 die Gemeinden Heinade und Merxhausen bei der Frage der erforderlich gewordenen Neuerrichtung des Deensener Pfarrhauses von vornherein völlig ablehnend mit der Begründung, sie hätten mit dem Bau des Pfarrhauses nichts zu tun.

Schließlich wurde 1788 doch noch ein neues Pfarrhaus in Deensen errichtet.

Zum anderen weigerte sich in der Folgezeit Heinade gemeinsam mit seinen Filialgemeinden, mit für die Instandsetzungskosten des Pfarrhauses aufzukommen.

Es kam letztlich zu einem jahrelangen Prozess vor dem zuständigen Amtsgericht in Stadtoldendorf.

Das schließlich 1845 verkündete Gerichtsurteil gab den prozessbeteiligten Gemeinden auf, dass Deensen die Hälfte, Heinade 1/4, Merxhausen und Denkiehausen je 1/8 der Kosten aufzubringen haben.

Hierbei blieb allerdings Hellental von den Baulasten befreit, da für diese Gemeinde keine herkömmliche Verpflichtung bestand.[28]

Um 1870 wurde gesetzlich geregelt, dass nunmehr die Pastoren, unter Verlust ihrer so genannten Pfründe, fest besoldet werden sollen.

In diesem Zusammenhang erhielt Heinade eine eigene Pfarre.

Bereits etliche Jahre zuvor, 1856, hatte die Heinader Gemeinde das Haus Ass.-№ 6, den Halbmeierhof von Wilhelm Bremer als zukünftigen Pfarrhof für einen Kaufpreis in Höhe von 18.860 Mark erworben.

Der Kaufpreis wurde wie folgt auf die vier Gemeinden umgelegt: Heinade 2.923,50 Taler, Merxhausen 1.288 Taler und Hellental 678,5 Taler.[29]

In den Jahren 1878/79 wurde das Gebäude zum Pfarrhaus ausgebaut.

Nachdem bereits 1857 die Trennung der Filiale Heinade von dem bis dahin zuständigen Kirchspiel Deensen eingeleitet worden war, erging "mittels Höchsten Rescripts" vom 6. März 1878 die Genehmigung zur Gründung einer eigenständigen Pfarrstelle Heinade mit den Filialen Merxhausen und Hellental.

Schließlich wurde 1875 in Heinade der Beschluss gefasst, ein neues Pfarrhaus zu bauen, wobei der Bremer’sche Hof als Pfarrscheune bestehen bleiben sollte.

Vier Jahre später, 1878/1879, wurde das im Fachwerkstil errichtete Pfarrhaus fertig gestellt und schließlich am 05. Februar 1882 der Kollegiat August Langelüddecke durch den Superintendenten Dedekind aus Stadtoldendorf in der Heinader Kirche als erster Pastor eingeführt.

Die neue „Pfarre“ von Heinade lag in der „Spezialinspektion Stadtoldendorf“.[30]

Nachfolger von Pastor August Langelüddecke wurde 1893/1894 Pastor Albert Schwartz, der bis 1911 das Pfarramt begleitete.

Ihm folgte von 1911–1927 Pastor Emil Bosse.

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[1] zit. in HAHNE 1972, S 36.

[4] STEINACKER 1907, S. 175.

[5] ANDERS 2004, S. 47.

[6] KLEINAU 1967, S. 266.

[7] STEINACKER 1907, S. 175.

[8] RAULS 1983, S. 79, 99.

[9] frei übersetzt von HAHNE 1972, S. 24: „Zu Ehren Gottes, Conrad Schoppe, in Salzderhelden und Margarete von Asche haben für den Bau Sorge getragen, anbetungswürdige Dreifaltigkeit“.

[10] Salzderhelden.

[11] RAULS 1983, S. 99.

[12] HAHNE 1972, S. 26.

[13] RAULS 1983, S. 142.

[14] HAHNE 1972, S. 24 ff.

[15] Nach einer Beschreibung von VOGES (1883) [zit. in STEINACKER 1907, S. 176] soll es sich bei dem seither verschollenen Altar um einen bemalten und vergoldeten gotischen Flügelaltar aus Holz gehandelt haben.

- Das 1 m hohe Mittelstück soll „Christum am Kreuz“ gezeigt haben.

- Daneben sollen 4 Figuren gestanden haben, darunter „Maria, Johannes und Petrus“.

- In einem Flügel sollen „Maria Magdalena und die heilige Katharina“, in dem anderen 2 Heilige gestanden haben.

- Über den Gestalten soll sich „spätgotisches Maßwerk im sog. Eselsrückenbogen“ befunden haben.

- Auf der Rückseite der Flügel, jeweils 60 cm breit, sollen sich „Spuren von Tempera-Malerei“ gezeigt haben.

[16] RAULS 1983, S. 79; HAHNE 1972, S. 24 ff.; STEINACKER 1907, S. 176.

[17] nach STEINACKER 1907, S. 176:

- ein 21,4 cm hoher, barocker silberner Kelch, eingraviert der Name der Schenkerin (um 1720) Elis Julian Soph. Gundelag (Elise Juliane Sophia Gundelag)

- eine Silberpatene (Oblatenschüssel) mit Braunschweiger Beschau („Löwe“), dazu die Buchstaben F, G I B (= Gottfried Johann Boden) und „H G M“ (= Hermann Georg Mirus)

- ein 52 cm hoher Kronleuchter aus Gelbguss, der schon 1751 vorhanden gewesen sei, „mit 12 Armen in 2 Reihen übereinander, unten eine kräftige Kugel, oben ein vollrunder Adler mit gespreizten Flügeln“

- Altarleuchten aus Zinn: „ein paar von 28 cm Höhe, auf dem Fuße eingraviert: Jochim Holtkamp 1661“sowie „ein zweiarmiger, Merxhausen gehörender klassizistischer Leuchter, oben mit Vase, 38 cm hoch.“

[21] KLEINAU 1967, S. 266.

[22] HAHNE 1972, S. 28.

[23] RAULS 1983, S. 142.

[24] HAHNE 1972, S. 29.

[25] HAHNE 1972, S. 29.

[26] ANDERS 2004, S. 47; KNOLL/BODE 1891, S. 394.

[27] RAULS 1983, S. 143 f., 178 ff.

[28] RAULS 1983, S. 142.

[29] HAHNE 1972, S. 29 f.

[30] KNOLL/BODE 1891, S. 179.

[31] Inschriftenquelle: LAMPE, JÖRG H., MEIKE WILLING (bearb.): Die Inschriften des Landkreises Holzminden. Wiesbaden 2012, S. 267-69, Abb. 193.

[32] ANDERS 2004, S. 15.

[33] RAULS 1983, S. 65 f.

[34] KNOLL/BODE 1891, S. 394.

[37] HAHNE 1972, Anhang, S. 36 ff.

[38] RAULS 1983, S. 100.

[39] OHAINSKI/REITEMEIER 2012, Tafel 6 Amt Fürstenberg, S. 230-231.

[40] LAMPE/WILLING 2012, S. 267-268 (Nr. 219), Tafel 66 Abb. 193.

[41] Johann Friedrich Weule (1811–1897).