Dorfausbau am Vorabend der Französischen Revolution

Klaus A.E. Weber

 

Vor und während des Siebenjährigen Krieges (1756-1765) erfolgte im Hellental der an seiner topografischen Situation orientierte Ausbau zu einer dörflichen Siedlung mit dem Dorfplatz um die Bergquelle (Mitte des heutigen Oberdorfes) und entlang des steil abfließenden Baches, der „Steinbeke“.

In dem oben genannten Zeitraumes siedelten sich im Dorf 15 neue Ab-/Anbauer an, die zunächst jeweils einen ½ - 1 Morgen Wiesenland aus dem Merxhäuser Forstgrund erhielten.

Auf dem wenigen Grünland konnten sie allerdings nur wenig Vieh halten.

1765 waren - neben mehreren Glashütten- und Forstarbeitern als „alte Ansiedler“ – insgesamt 15 steuerpflichtige Gewerbetreibende zu Hellenthal ansässig.

Weitere Anbauten folgten in den Jahren 1793-1798, wobei noch weitere Landhandwerker hinzukamen [1]: 2 Tischler, 2 Mollenhauer, 1 Nagelschmied, 1 Stellmacher, 1 Böttcher, 1 Müllermeister, 1 Krüger.

Die zweite Ansiedlungsphase im Hellental vollzieht sich im Zeitalter der Aufklärung, am Vorabend der Französischen Revolution.

Um diese dörflich geprägte Besiedlungsphase historisch zu erklären, ist darauf hinzuweisen, dass während der frühen Neuzeit die Förderung des ländlichen Gewerbes im kleinen Braunschweiger Territorialstaat eine wesentliche wirtschaftliche Bedeutung erlangte.

Für den Wirtschaftsraum des Herzogtums Braunschweig wurden auch externe Arbeitskräfte angeworben, da bei beschleunigtem wirtschaftlichen und sozialen Wandel die „Binnenkolonisation“ staatsökonomisch hoch bewertet wurde.[3]

Im Rahmen dieser territorialstaatlichen Wirtschaftsförderung mit Binnenkolonisation entstand schließlich auch die planmäßige, staatlich geförderte Anlage eines gewerblichen Dorfes um 1753-1756 im unteren Hellental, an der Stelle der „alten Hütte“.

Die eher einfache Glashüttensiedlung drohte um 1746 wüst zu fallen.[4]

Wohl nicht zuletzt durch die oft beschriebene Umsichtigkeit und die regionalplanerische Tatkraft des Braunschweiger Hofjägermeisters Johann Georg v. Langen (1699–1776), dem auch die Leitung der Siedlungsentwicklung im Solling-Weserraum (Weser-District) oblag [5], entstand im Hellental anstelle der weitgehend verlassenen und zunehmend zerfallenden Glashüttensiedlung in einer zweiten Siedlungsphase ein neues, das eigentliche Dorf Hellental am westlichen Berghang des trichterförmigen Seitentales.

Auch die erneute Besiedlung des Hellentals am Standort der ersten Besiedlungsphase kann nur im übergeordneten historischen Kontext verstanden und zeittypisch betrachtet werden.

Von fast allen Fürsten wurde eine Ansiedlungspolitik betrieben, die zugleich eine Abwanderung aus anderen Gebieten bedeutete.

Bereits um die Mitte des 18. Jahrhunderts ermunterte Herzog Carl I. zur binnenwirtschaftlichen Förderung und aus fiskalwirtschaftlich-merkantilen Gründen auch zur Ansiedlung in seinen Braunschweiger Landen (Landausbau).

Unternehmungen sollten planmäßig ausgebaut und eine verstärkte Förderung des Neuen Anbaus auf dem Lande hinzukommen.

Ansiedler sollten als Hilfskräfte für die Landwirtschaft und das Leinengewerbe angeworben werden.

So soll nach TACKE „in vielen Dörfer, die seit Jahrzehnten keinen nennenswerten Ausbau mehr zu verzeichnen gehabt haben“, durch „beträchtliche Baukostenzuschüsse und sachliche Baubeihilfen“ rasch 10 - 20 Neuanbauerstellen entstanden sein.

Ohnehin gab es während des Wirkens des Oberjägermeisters Johann Georg v. Langen zur Mitte des 18. Jahrhunderts einen wesentlichen Industrialisierungsschub in der Sollingregion (u. a. Gründung der Porzellanmanufaktur Fürstenberg.[6]

In diesem wirtschaftlichen Zusammenhang ist bekannt, dass v. Langen zahlreiche auswärtige Facharbeitskräfte anwarb und für sie Arbeitersiedlungen errichten ließ, um die „Handarbeiter“ zur Sesshaftigkeit zu motivieren.

Als finanziellen und materiellen Anreiz zur Ansiedlung sollten die Anbaustellen auf Lebzeiten abgabefrei sein und entweder das Bauholz frei Baustelle geliefert oder aber 20 Reichstaler ausgezahlt werden; zudem wurde Land für einen Garten vorgesehen.[7]

 

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[1] LESSMANN 1984.

[3] HAUPTMEYER 2004, S. 80 ff.

[4] KLEINAU 1967, S. 268.

[5] MEYER 1996; TACKE 1951.

[6] TACKE 1951.

[7] HEBBEL 1999, S. 36 ff.; TACKE 1943, S. 129 ff.