Grenznahe Eisen- und Hammerhütten bei Merxhausen
Klaus A.E. Weber │ Rolf Clauditz
Die Eisenhütte von Merxhausen gilt als eine von Herzog Julius von Braunschweig-Wolfenbüttel (1528-1589) geförderte, frühneuzeitliche Hüttenanlage am nördlichen Sollingrand.
Im Dezember 1587 hatte der Herzog angeordnet, im Solling nach Eisenerzvorkommen zu suchen.[21]
Prospektionen des Historischen Museums Hellental am Oberlauf des Spüligbaches in Merxhausen erbrachten, dass die Eisenhütte auf dem heute vollständig überbauten "Schmiedeberg", einem großen Schlackeberg, ihren Standort hatte.[14]
Wie CREYDT [1] ausführte, habe er entlang des Spüligbaches zahlreiche Schmelzrelikte bergen und unter den Gebäuden der ehemaligen Saakelschen Mühle eine 50 cm dicke Schlackendecke nachweisen können.
Die auf dem "Schmiedebrink" in der Schlackenhalde vorgefundenen, der Weserkeramik zugeordneten Scherben von polychrom bemaltem renaissancezeitlichem Geschirr, wurden in die Zeit 1570-1580 datiert.[1][3][8]
Ein Eisenhüttenhüttenbetrieb gegen Ende des 16. Jahrhunderts könnte hieraus abgeleitet werden.
Bei der Prospektion entlang des Spüligbachs im Mai 2020 durch das Historische Museum Hellental [13] konnte ebenfalls renaissancezeitliche Keramikscherbe [19] nachgewiesen werden, zudem eine spätmittelalterliche Keramikscherbe, vermutlich eines Kugeltopfes.
Reste der Schlackenhalde "Schmiedebrink"
Merxhausen (Haus Dörries) │ Juni 2018
© HGV-HHM, Foto: Klaus A.E. Weber
Grenzbeschreibung 1581│1596
Bereits um 1581 wurden in einer Grenzbeschreibung des Amtes Fürstenberg „Hammerhütten“ erwähnt, die unterhalb von Merxhausen im Solling gelegen haben sollen, "das Heldahl hinunter bis uff die Hammerhütten und von dar bis in das Dorf Mackensen ..."[5]
Möglicherweise handelt es sich hierbei sogar um eine eigenständige Hüttensiedlung in der Nähe der alten Dorfanlage von Merxhausen, die später wüst gefallen sein könnte („Wüstung Hammerhütten“).
Der Chronist Johannes Letzner (1531-1613) berichtete wenige Jahre später, 1596, in seinen Aufzeichnungen, dass "... das Dorf Merxhausen vorzeiten neben diesem Wasser [Spüligbach] ein grosser Hütten handel gewesen ist, wie das daselbst die vestigia [Gebäudereste] und die grossen gewaltigen Schlackenhauffen anzeigen. ..."[15]
1654
Im Jahr 1654 wurden die Ruinen der Eisenhütte in Merxhausen noch für Wert befunden, in der Topographie bzw. Aufzeichnung eines Mitarbeiters von Matthäus Merian (1593-1650) erwähnt zu werden:
„... Merxhausen, daselbst findet sich ein Ort, die Hammerhütten genannt und gibt es „ocularis inspectio [wie besichtigt], dass daselbst Eisenhütten gelegen [haben] ..."[14][17].
Tuschezeichnung von 1708 mit den Grenzorten Mackensen und Merxhausen
Blick vom Steinberg: Grenzgraben, Grenzbaum, Palisadenzaun
Kennzeichnung der drei "Hammerschläge" [7]
1707/1708
Grenzstreitigkeiten um das Grenzzeichen am "3. Hammerschlag"
Eine 1708 angefertigte schwarze Tuschezeichnung [7] zeigt im Grenzgebiet zwischen den Orten Mackensen und Merxhausen einen Grenzgraben, einen Grenzbaum und einen Palisadenzaun sowie oberhalb und unterhalb des Grenzkruges insgesamt drei "Hammerschläge":
- 1. Schlag (Hammerschlag) - Höhe Saakelsche Mühle
- 2. (Hammerschlag) - Mühlgarne Spülig
- 3ter Hammerschlag - unterhalb des Grenzkruges
Hieraus leitet CREYDT [1] „die klassische Betriebsabfolge für die seinerzeitige Eisenverhüttung“ ab:
„Am Schmiedebrink stand der Stückofen, flussabwärts ober- und unterhalb des Grenzkruges drei Hammerwerke zum Ausschmieden, Frischen und Verarbeiten des Eisens zu verkaufsfähigen Produkten.“
Wie CREYDT [20] weiter berichtet, ergaben chemische und technologische Untersuchungen des Geowissenschaftlichen Zentrums der Georg-August-Universität Göttingen an neun Proben, „dass das verhüttete Eisenerz vom Steinberg bei Markoldendorf stammt und Zugaben von Solling-Tertiär-Eisen nicht ausgeschlossen werden können“.
Der "1. Schlag" (Hammerschlag) um 1708 │ vom Steinberg aus gesehen
Ausschnitt aus der Tuschezeichnung von 1708 mit dem Grenzort Merxhausen [7]
◼ Exponate im Historischen Museum Hellental
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Schlacke aus der Eisenverhüttung einer Merxhäuser Eisenhütte um 1560–1580 │ glasig erstarrte, massive bis poröse Schmelzrückstände bei der Verhüttung regionalen eisenhaltigen Erzes
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spätmittelalterliche Keramikscherbe, vermutlich eines Kugeltopfes
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renaissancezeitliche Keramikscherbe [19]
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kleine angeschnittene Luppe ("Eisenschwamm"), experimentell erzeugt durch Direktreduktion von Eisenerz in einem Rennofen aus Lehm (Nachbau Heidbrink)
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Schlackenreste aus der Eisenverhüttung am "1. Schlag" (Hammerschlag) am Fuße des Steinbergs nahe der "Saakelschen Mühle"
Fundmaterial unterhalb des Steinbergs │ Mai 2020
Schlackenreste mit zwei Keramikscherben [13]
© [hmh, Foto: Klaus A.E. Weber
Literatur
Detlef Creydt: 2000 Jahre Eisenverhüttung um Dassel. Mit einem Beitrag von Hans-Georg Stephan. Holzminden 2020.
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[1] CREYDT 2020, S. 51.
[3] Agricola, Georgius (1556): De re metallica libri XII. Basel. Faksimiledruck Leipzig 1985, neuntes Buch.
[5] NLA WO, 26 Alt Nr. 1405 │ zitiert bei CREYDT 2013, 83.
[6] vergl. Verhüttung bei BAYERL 2013, S. 150-152.
[7] NLA WO, Alt 2104, darin K13341│ CREYDT 2013, S. 84 Abb. 1.
[8] Archäologische Denkmalpflege des Landkreises Holzminden (Kreisarchäologie).
[13] Prospektion entlang des Spüligbachs am 21. Mai 2020 durch Dr. Klaus A.E. Weber und Christel Schulz-Weber, Hellental.
[14] CREYDT/LINNEMANN/WEBER 2007.
[15] LETZNER, JOANNES: Dasselische und Einbeckische Chronika. Erfurt 1596, S. 145 │ zitiert bei CREYDT 2013, 83.
[17] MERIAN, MATTHÄUS: Topographie und eigentliche Beschreibung der vornehmbsten Stäte, Schlösser und anderer Plätze und Örter in denen Herzogthümer Braunschweig und Lüneburg, und denen dazu gehörende Grafschaften, Herrschaften und Landen, Frankfurt 1654, Neue Ausgabe, Kassel 1961, S. 120.
[19] vergl. CREYDT 2013, S. 90 Abb. 4.
[20] CREYDT 2020, S. 52. Nähere Angaben zu den Proben und zu den Untersuchungsmethoden waren nicht benannt.
[21] CREYDT 2020, S. 52.