Hohl- & Flachglasherstellung
Klaus A.E. Weber
Hohlglasfertigung
Tafelausschnitte aus Diderots Enzyklopädie. Die Bildtafeln 1762-1777 [5]
Glasrezeptur für die Hohl- & Flachglasherstellung
Die manuelle Fertigung von mundgeblasenem Hohlglas und Flachglas wurde in das bundesweite Verzeichnis des Immateriellen Kulturerbes aufgenommen.
Wie die Kulturgeschichte des Glases zeigt, waren vorindustrielle Glashütten „handwerklichen Stils“ - wie die des Hellentals im Solling - vornehmlich kleinere Anlagen auf Zeit zur manuellen Herstellung von Hohl- und Flachglas, saisonal in Ein- und Mehrofenanlagen.
Die manuell im Mundblasverfahren hergestellten Glasprodukte zeigen unterschiedliche Färbungen und objekteigene Gestaltungen, abhängig von der jeweiligen Stilepoche bzw. vom "Produktdesign" seitens des Auftraggebers.
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Glaserzeugung anschaulich dargestellt: ֍ Wie aus Scherben Flaschen werden | Wie geht das? | NDR 2017
Hohlglas
Manuelle Fertigung eines Trinkglases
© HGV-HHM, Foto: Klaus A.E. Weber
Flachglas
- Fensterscheibe von 1585 │ Stadtmuseum Einbeck
- Farbglasscheiben │ LWL-Glashütte Gernheim
© HGV-HHM, Fotos: Klaus A.E. Weber
Arbeitsschritte bei der Glasherstellung
Die traditionelle Glasherstellung war ein aufwändiger und komplizierter betrieblicher (chemo-thermischer) Prozess, der von den Glasmachern ein hohes Maß an Fachwissen erforderte und eine Reihe manueller Arbeitsschritte umfasste.
Nach der Rohstoffgewinnung waren in jener Zeit die wichtigsten Arbeitsschritte bei der traditionell manuellen Glasproduktion:[3][4]
Rohstoffbearbeitung
- Herstellen
von Glashäfen (Schmelzgefäße aus besonderem feuerfesten Ton)
- Mischen
des Gemenges
- Fritten
↓→ Lagerung bei Bedarf
- Schüren des Feuers
↓
Verarbeitung mittels Mundblasverfahren
- Formen der heißen Glasmasse unter Zurhilfenahme der Glasmacherpfeife
↓
Kühlen
↓
Schneiden
↓→ Lagerung bei Bedarf
Schliff ⃒ Gravur ⃒ Aufbringen eines Glassiegels
↓
Verpacken
↓→ Lagerung bei Bedarf
Transport & Verkauf
Kurmainzer Spiegelmanufaktur
Ausschnitt aus der im Maßstab 1:1 nachgebauten Fabrikanlage der Kurmainzischen Spiegelmanufaktur Lohr
im 18. Jahrhundert „High Tech“-Verfahren zur Fabrikation der „Lohrer Spiegel“
Spessartmuseum im Schloß zu Lohr am Main
© HGV-HHM, Fotos: Klaus A.E. Weber
Bis heute haben sich bei den meisten technischen Arbeitsgängen der manuellen Glasherstellung die wesentlichen Handgriffe und Werkzeuge kaum verändert.
Der Glasmacher formt die zähflüssige Glasmasse freihändig oder durch Einblasen in eine Form (Model) zu dem beabsichtigten Glasobjekt.
Einblasen in eine Form (Eisen-Model)
© HGV-HHM, Foto: Klaus A.E. Weber
Durch Werkzeuge - wie Zangen, Scheren und Stempel - wird das endgültige Aussehen des Glasproduktes erzielt sowie durch das Anbringen von Verzierungen, wie beispielsweise von (Beeren-)Nuppen.
Glasmacherwerkzeuge (Eisen)
© HGV-HHM, Foto: Klaus A.E. Weber
Verbot von Hohlglas für sakrale Zwecke im 9. Jahrhundert
Verbot von Hohlglas für sakrale Zwecke im 9. Jahrhundert
Der Gebrauch gläserner Messkelche war nicht zuletzt auch wegen der leichten Zerbrechlichkeit untersagt; nur Kultgeräte aus Edelmetall und Halbedelsteinen wurden kirchlich bevorzugt.[1]
Zum anderen verbot die Kirche ausdrücklich Grabbeigaben, worunter sich zuvor einst viele Gläser befanden.
Das Verbot, Glasgefäße für kirchliche Zwecke zu nutzen, gründete sich auf das Konsil zu Reims von 803.
Von nun an wurde Edelmetall an Stelle des Glas verwendet.[2]
[2] SCHACK 1979, S. 42.
[3] TACKE 1943, S. 92.
[4] FROMMER/KOTTMANN 2004, S. 33 ff.; KRUEGER 2003, S. 45; LEIBER 1994, S. 18.
[5] Tafelausschnitt aus DIDEROTS ENZYKLOPÄDIE. Die Bildtafeln 1762-1777. 4. Bd. Reprint Augsburg 1995, S. 2582-2585.