BROT IM SOLLING

Klaus A.E. Weber

 

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Brotbacken gilt als zentraler Bestandteil der Selbstversorgung auf dem Land.

Das „täglich Brot“ zu backen, war seit alters her eine Domäne der Hausfrauen.

 

Alltagskultur:

Bäckerhandwerk und häusliches Backen

Brot auf dem Weg ins neue Jahrtausend

 

Unser Brot [5]

Als Körnlein gesät, als Ähren gemäht,

gedroschen im Takt, gesiebt und gehackt,

dann hurtig und fein gemahlen vom Stein,

geknetet und gut gebräunt in der Glut,

liegt’s duftend und frisch als Brot auf dem Tisch.

 

© Historisches Museum Hellental, Fotos: Klaus A.E. Weber

 

Das alte Dorfbackhaus - das heutige Museum im Backhaus - gehörte einst der kommunal selbständigen Hellentaler Dorfgemeinschaft und ist noch heute in kommunalem Eigentum der Gemeinde Heinade.

Der Themenbereich zeigt in kompakter Präsentation, wie unter der landesväterlichen Regentschaft des aufgeklärten Herzogs Carl I. von Braunschweig-Wolfenbüttel-Bevern (1713-1780) am 04. Juli 1744 gemäß landesherrlicher Verordnung die Anlegung besonderer Backhäuser angeordnet wurde, um Bau- und Brennholz einzusparen und dem "bisherigen Holz-Verderb" entgegen zu wirken.

Durch diese Landesverordnung gab Herzog Carl I. seinen "getreuen Unterthanen" im Weserdistrikt verpflichtend vor, in den Dörfern "Gemeinde Back-Häuser" zu errichten.

 

"Anzulegende Gemeinde-Backhäuser"

 

Wolfenbüttel, 17. Juni 1745

NLA WO, 75 Alt 57 Bl.9 r

 

Backofenanlage im herzoglichen Schloss Salzdahlum

erbaut zwischen 1688 und 1694

NLA WO, 75 Alt 57 Bl.10 r.

 

"Bey jeglicher Gemeinde ein Back-Haus mitten im Dorfe"

Zentrale Gemeinde-Backhäuser infolge der herzoglichen Verordnung vom Juli 1744 zur "ansehnlichen Holz-Ersparung".

Die Vorgabe zur "ansehnlichen Holz-Ersparung" und "Abwendung der Feuersgefahr" im Weserdistrikt flächendeckend "bey jeglicher Gemeinde ein Back-Haus" zu errichten, ist auf die Verordnung des Herzogs Carl I. von Braunschweig-Wolfenbüttel von 1744 zurück zu führen.

Um dem "bisherigen Holz-Verderb" entgegen zu wirken, ordnete Herzog Carl I. das Abschaffen aller Privatbacköfen und die Anlegung besonderer "Gemeinde Back-Häuser" oder von "Gemeinde-Back-Oefen" genormter "Structur" und "vorbeschriebenen Maasse" an.

Die energiewirtschaftliche Bilanzierung der "Fürstlichen Cammer" in Braunschweig galt hierbei der Schonung des Holzes herzoglicher Waldungen - neben dem Wasser die wichtigste Energieressource jener Zeit.

Im Dezember 1772 folgte schließlich eine weitere herzogliche Verordnung zur "gehörigen Einrichtung der Gemeinde=Backöfen".

Ein solches zentrales Dorfbackhaus ist das Gemeinde-Backhaus in Hellental.

Im Sinne der herzoglichen Verordnung befindet sich der schlichte Fachwerkbau freistehend in der Dorfmitte, oberhalb des alten Mühlenteiches.

Der vor diesem Verordnungshintergrund um 1828 beim Neubau des Hellentaler Gemeinde-Backhauses errichtete und bis um 1900 betriebene Steinbackofen ist ein typischer bäuerlicher Backofen.

Dessen Konstruktion entspricht dem aus dem Mittelalter übernommenen Backofenbau mit direkter Backinnenraumbefeuerung, wie ihn der Lehmbackofen in der Rekonstruktion eines Mittelalterhauses der 1. Hälfte des 13. Jahrhunderts der Stadtwüstung Nienover darstellt.

 

Brotbacken im Lehmbackofen

Rekonstruktion eines Mittelalterhauses

1. Hälfte 13. Jahrhundert

© [hmh, Fotos: Klaus A.E. Weber

 

Der Museumsbesuch lässt anschaulich nachvollziehen, weshalb der aus Brandschutzgründen freistehende Fachwerkbau mit seinem direkt innen befeuerten Gewölbebackofen ein wertvolles Zeugnis eigener dörflicher Kultur im ehemals braunschweigischen Solling darstellt.

Ein besonderes museales Highlight ist, wenn an ausgewählten, öffentlich bekannt gegebenen Backtagen früh der große Museumsbackofen - einem wertvollen Zeugnis jahrhundertealter Handwerkskunst und dörflicher Kultur - im historischen Gemeindebackhaus aufgeheizt wird, um dann aus dem Mehl regionaler Getreidesorten Brote mit besonderem Geschmack und unverkennbar feinem Aroma - aufgrund des "Holzbackofeneffektes" - Hellentaler Brote zu backen.

Hierbei kann man die Phasen traditionellen Brotbackens erleben:

  • Aufheizen

  • Ausräumen

  • Einschießen

  • Ausschießen.

Neben der Vorliebe zum traditionellen Brotbacken spielt die Backgemeinschaft und das Zusammenarbeiten am Backofen eine wichtige Rolle.

 

Ehemalige Bäckerei Kühne │ Einbeck

Dezember 2006 [3]

© [hmh, Fotos: Klaus A.E. Weber

 

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[1] nach HAHNE 1972.

[2] Angaben in Himpten ⃒ 1 Himpten = ca. 31 l.

[3] Video-Aufnahme von Henning Rohlf, Einbeck.

[4] aus der ehemaligen Sammlung Lessmann, Hellental.

[5] Trudi Gross, Bubach-Calmesweiler, 2001.