Geburt und Kindheit

Klaus A.E. Weber

Leitender Medizinaldirektor / Amtsarzt a. D.

 

Früher Tod bei Entbindung und Wochenbett

Besonders schicksalhaft war der vielfach dokumentierte Tod junger Frauen, die an den Folgen einer Entbindung, im Kind- oder Wochenbett, verstarben.

Somit ging oft eine Eheschließung nach nur wenigen Monaten oder Jahren durch den frühen Tod der Ehefrau abrupt zu Ende.

Nicht nur aus physiologischen Gründen war die Geburt vornehmlich eine Angelegenheit von Frauen.

Der Gebärenden standen meistens eine Hebamme oder Frauen der Nachbarschaft beiseite.

Erst im 18. Jahrhundert wurde es auch auf dem Lande allmählich üblich, einen Arzt zur Geburtshilfe hinzuziehen.

In der frühen Neuzeit führten Frauen bei der Geburt ihrer Kinder einen harten Überlebenskampf.

Die Überlebenschancen von Mutter und Kind waren in jener Zeit relativ gering.

Sowohl bei der Geburt als auch im Kindbett war der frühe Tod den Frauen allgegenwärtig.

So erwartete eine Familie nicht nur das Kind, sondern zugleich auch eine Todesgefahr für Mutter und Kind.

Es galt für Neugeborene die Lebensgefahren der ersten nachgeburtlichen Zeit (Tage, Monate) gesundheitlich unbeschadet zu überstehen.

 

Ein harter Überlebenskampf für Mutter und Kind

Nicht nur aus physiologischen Gründen war die Geburt vornehmlich eine Angelegenheit von Frauen.

Der Gebärenden standen meistens eine Hebamme und/oder Frauen der Nachbarschaft beiseite.

Als weise Frauen genossen die Stadt- und Landhebammen traditionell ein hohes Sozialprestige und verfügten über eine besondere Machtstellung.

In der frühen Neuzeit führten Frauen bei der Geburt ihrer Kinder – die in der Regel im eigenen Hause stattfand - einen „harten Überlebenskampf“.

Die Überlebenschancen von Mutter und Kind waren in jener Zeit relativ gering.

Zahlreiche Mütter verstarben bereits im „Kindbett“, viele Säuglinge erlagen oft dem „Krippentod“.

Sowohl bei der Geburt als auch im „Wochenbett“ war der frühe Tod den Frauen im Solling also allgegenwärtig, ebenso den Neugeborenen.

So erwartete eine Familie nicht nur das Kind, sondern zugleich auch eine Todesgefahr für Mutter und Kind.

Es galt für die Neugeborenen wie für die Mütter die großen Lebensgefahren der ersten nachgeburtlichen Zeit (Tage, Monate) gesundheitlich unbeschadet zu überstehen.

„Krämpfe in Folge der Entbindung“ und „Kindbettfieber“ waren für die jungen Frauen oft von einem tödlichen Verlauf gekennzeichnet.

Erst im 18. Jahrhundert wurde es allmählich üblich, auch einen Arzt zur Geburt hinzuziehen (Arzt und Geburtshelfer).

 

Schicksale Hellentaler Familien

Auf das oftmals schwere, auch schicksalhafte Leben von Hellentaler Dorfbewohnern im 19. Jahrhundert soll hier auf das besonders beeindruckende Beispiel der alten Hellentaler Brinksitzer-Familie Engelbrecht näher eingegangen werden, deren Nachkommen noch heute in Hellental am alten Dorfteich wohnen.

Noch heute trägt der Holzquerbalken der alten Toreinfahrt des Wohnhauses Am Teiche 9 (Ass.-№ 31│heute im Besitz der Familie Gobrecht) die Inschrift:

 

"Carl Engelbrecht. u. Louise gbr Meier.

den 27sten November 1847"

© [hmh, Foto: Klaus A.E. Weber

 

Es handelt sich hierbei um das Wohnhaus des am 15. Februar 1815 in Hellental geborenen Brinksitzers Carl Friedrich Ludwig Daniel Engelbrecht.

Carl Engelbrecht heiratete 24-jährig im April 1839 in Hellental die 22-jährige Sophie Catharine Luise Meier.

Aus der Ehe gingen drei Kinder hervor, wobei das erste Kind 1838 vorehelich geboren wurde.

Das letztgeborene Kind verstarb 1851 knapp sechs Monate nach seiner Geburt an „Auszehrung“.

Zuvor war im Dezember 1850, nur wenige Wochen nach der Geburt ihres dritten Kindes, Luise Engelbrecht an „Kehlschwindsucht“ im Alter von 33 Jahren verstorben.

Carl Engelbrecht heiratete 36-jährig kurz darauf in zweiter Ehe im Mai 1851 Johanne Wilhelmine Luise Kuhlmann, die 26-jährige Tochter eines Schuhmachers aus Negenborn.

Aus der zweiten Ehe gingen drei Töchter hervor.

Die erste Tochter verstarb zwei Wochen nach ihrer Geburt 1852 an „Scheuerchen“, die dritte Tochter 1872 im Alter von vier Jahren an „Rachenbräune“ (Diphtherie).

Trotz dieser heute kaum noch vorstellbaren Problematik war die Geburt eines lebenden Kindes letztlich doch meist ein besonderes, ein großes Ereignis für die gesamte Familie.

Auch die Pflege von Säuglingen wie das Erziehen der Kleinkinder fiel traditionell in den Aufgabenbereich der Mutter.

Gleichwohl gibt es historische Belege dafür, dass zudem auch Väter eine nähere Bindung zu ihren Kindern hatten und sich auch zum Wohle ihrer Kinder engagierten.

Die in Kirchenbüchern verzeichnete Anzahl von Kindern pro Hellentaler Familie belief sich im Zeitraum von 1717-1903 von einem Kind bis zu maximal 13 Kindern mit einer relativen statistischen Häufung um etwa 4-8 Kinder.[1]

Im gleichen geschichtlichen Zeitraum verstarb eine Vielzahl von Kindern bereits wenige Wochen oder Monate nach der Geburt oder noch im Klein– bzw. Schulkindesalter.

Die Mortalitätsrate von Säuglingen war in der frühen Neuzeit regional enorm hoch, ebenso die von Kleinkindern.

Nur etwa 50-60 % der Lebendgeborenen erreichten das zeugungsfähige bzw. Erwachsenenalter.

Nachdem die 1838 in Mühlenberg geborene Wilhelmine Dörries - Ehefrau des im Solling verunglückten Hellentaler Holzhauers August Bartels - vier Kinder geboren hatte, erkrankte sie im fünften Wochenbett sehr schwer.

Wilhelmine Dörries verstarb fast gleichzeitig mit dem Neugeborenen.

Es wurde der toten Wöchnerin in den Arm gelegt und gemeinsam mit ihr in Mühlenberg bestattet.

 

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[1] NÄGELER/WEBER 2004. Die Geburtenziffer (durchschnittliche Kinderzahl je Frau) betrug in jenem Zeitraum in Deutschland etwa 4,5–5,0 bei später deutlich sinkender Tendenz.