Station 15: MEDIZIN UND GLAS
Klaus A.E. Weber
Beobachtung mittels Harnschauglas
Uringläser im Mittelalter
Ärzte bei einer spätmittelalterlichen Harnschau (Uroskopie) [2]
Holzschnitt aus dem lateinischen Kräuterbuch Hortus sanitatis, 1491 gedruckt in Mainz
Im Vordergrund raufende Burschen und Strohkörbe für den Transport von Uringläsern
Beobachtung durch Glaslinsen
Lichtmikroskope │ um 1600 entwickelt
∎ Um 1903 von Wilhelm Schattenberg im Schaubezirk Merxhausen verwendetes Reise-Trichinen-Mikroskop (17,5 cm hohes Lichtmikroskop mit kleinem Objekttisch). Die Innenseite des mit blauer Stempelfarbe befleckten oberen Kastendeckels weist Inschriften auf, aus denen hervorgeht, dass das Mikroskop von H. Schulze in Stadtoldendorf bezogen und am 05. November 1899 vom herzoglichen Kreistierarzt Dr. Fischer für „gut“ befunden und damit zugelassen wurde.[1]
© Historisches Museum Hellental, Foto: Klaus A.E. Weber
Trichinellose │ „Trichinenkrankheit“
Die noch heute weltweit verbreitete, parasitäre Infektionskrankheit wird durch einen Fadenwurm (Trichinella spiralis) verursacht, übertragen beim Verzehr von trichinenhaltigem rohem oder unzureichend erhitztem Fleisch.
Verordneter „Trichinenschauzwang“ im Land Braunschweig:
„Schutz des Publikums gegen den Genuss trichinenhaltigen Schweine- und Wildschweinefleisches“
1866 trat im Herzogtum Braunschweig das Gesetz „betreffend den Schutz des Publikums gegen den Genuss trichinenhaltigen Schweinefleisches“ in Kraft.
Demzufolge war jedes geschlachtete Hausschwein von einem amtlich bestellten Trichinenschauer auf die „Trichinenfreiheit“ zu untersuchen.
Hierfür entnahm der Trichinenschauer bei dem Schlachttier (Haus- oder Wildschweine sowie bei hausgeschlachteten Hunden) etwa bohnengroße Fleischproben aus vier verschiedenen Körperstellen:
- „Zwerchfellpfeiler │ Rippenteile des Zwerchfells │ Kehlkopf- und Zungenmuskeln“.
Zur mikroskopischen Untersuchung bereitete der Trichinenschauer aus den Probestücken haferkorngroße Fleischstückchen vor, um daraus Quetschpräparate anzufertigen.
Danach musterte er jedes Präparat sorgfältig durch und dokumentierte seine Untersuchungsergebnisse in einem vorgeschriebenen „Tagebuch“.
Später wurde dann die amtliche Fleischbeschau eingeführt.
∎ Trichinen-Mikroskop │ um 1900
Das ausgestellte Reise-Lichtmikroskop wurde von dem als Trichinenschauer bestellten Schuhmacher Wilhelm Schattenberg (1873-1956) im ehemaligen Schaubezirk Merxhausen verwendet.
Die Innenseite des Kastendeckels weist aus, dass das Mikroskop von H. Schulze in Stadtoldendorf bezogen und am 05.11.(18)99 von Dr. Fischer - Herzogliche Kreisdirektion Holzminden - für „gut“ befunden wurde.
Zur Trichinenuntersuchung waren standardisiert weitere „Hülfsinstrumente“ vorgegeben, wie beispielsweise als Objektträger zwei „Kompressorien“ aus durch Schrauben gegeneinander zusammendrückbaren Glasplatten.
Glas in Diagnostik und Therapie
∎ Röntgenschirmbild im Schaukasten mit Vergrößerungsglas
Tuberkulose der Lunge
© Historisches Museum Hellental, Foto: Klaus A.E. Weber
∎ Der geheimnisvolle "Blaue Heinrich" │ um 1920-1940 [4][5]
„Geheimrath Dettweiler's Taschenflasche für Hustende“
Sie diente dem Auffangen von infektiösem Sputum bei Lungentuberkulose.
Sprungdeckel │ beide Seiten mit Skala 100 ccm
kobaltblaues Pressglas, Metall
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∎ Der Blaue Heinrich – Taschenspucknapf für Tuberkulöse [3]
© Historisches Museum Hellental, Foto: Klaus A.E. Weber
Der eiförmige Taschenspucknapf wurde von dem Lungenfacharzt Peter Dettweiler (1837-1904) in der Lungenheilanstalt Falkenstein im Taunus entwickelt.
Die patentierte Herstellung des Taschenfläschchens erfolgte durch die Firma Gebr. Noelle & Co in Lüdenscheid.
Das für 1,50 Mark vertriebene Fläschchen konnte in jede Rock- und Hosentasche gesteckt werden.
∎ Behandlung der Syphilis mit ASUROL®
Antisyphilitikum │ um 1910
© Historisches Museum Hellental, Foto: Klaus A.E. Weber
[1] Exponat im Sammlungsbestand des HISTORISCHEN MUSEUMS HELLENTAL │ Mikroskop und Schrifttum dem Heimat- und Geschichtsverein für Heinade-Hellental-Merxhausen dankenswerterweise von Herrn Günther Schattenberg (Merxhausen) übereignet.
[2] JASCHKE 1997, S. 47. Abb. aus Schack 1976, S. 103.
[3] Internet: https://www.uni-marburg.de/de.
[4] ROSENBERGER 2022.
[5] TAH 2017a.